Das Berufungsgericht Arnheim-Leeuwarden hat sich kürzlich mit einem Fall befasst, in dem sich die Frage stellte, ob ein Drittschuldner (die Person, gegen die die Beschlagnahme vorgenommen wurde) angesichts des summarischen Charakters der Beschlagnahmeerklärung nicht selbst zur Zahlung der Forderung, für die die Beschlagnahme vorgenommen wurde, verurteilt werden sollte. Der Drittschuldner war eine juristische Person ohne Angestellte, die erklärt hatte, dass sie dem Schuldner, der für das Unternehmen (DGA und Direktor) tätig war, nichts schuldete.
Worum ging es in diesem Fall?
In diesem Fall ging es um eine Beschlagnahme durch eine Gemeinde.
Die Gemeinde hatte gegen Herrn A und Frau B mehrere Pfändungsbeschlüsse erlassen. In diesem Zusammenhang waren Verwaltungsverfahren durchgeführt worden, nach denen die Gemeinde Rückforderungsentscheidungen getroffen und Vollstreckungsbescheide erlassen hatte. Die Gemeinde forderte verwirkte Zwangsgelder. Diese blieben unbezahlt.
Herr A und Frau B waren alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer einer BV. Die Gemeinde erließ gegen diese Gesellschaft einen Beschlagnahmebeschluss, woraufhin die Gesellschaft erklärte, dass sie Herrn A und Frau B nichts schulde. Daraufhin erließ die Gemeinde einen weiteren Beslagnahmebeschluss gegen die Gesellschaft, woraufhin diese erklärte, dass Herrn A und Frau B kein Gehalt gezahlt wurde und dass die von ihnen für den Lebensunterhalt abgehobenen Mittel als Darlehen registriert wurden.
Nach Auffassung der Gemeinde war die letztgenannte Erklärung so summarisch, dass sie einer Nichtanmeldung gleichzusetzen ist. Das Landgericht folgte der Gemeinde und entschied, dass die Erklärung nicht den Anforderungen der §§ 476a Rv und 476b der Gerichtsverfassung (Rv) entspricht. Der Drittschuldner wurde verurteilt, der Gemeinde 98.000 € zuzüglich Zinsen und Kosten zu zahlen.
Der Drittschuldner legte daraufhin Berufung ein.
Urteil des Berufungsgerichts
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Landgerichts.
Das Gericht hatte bereits festgestellt, dass ein Dritter, der gepfändet wird, eine Erklärung über die von der Beschlagnahme betroffenen Forderungen abgeben muss. Diese Erklärung muss begründet sein und sich auf Ansprüche beziehen, die bereits bestehen oder sich aus einem Rechtsverhältnis ergeben werden, das zum Zeitpunkt der Pfändung bereits bestand. Der Erklärung sind, soweit möglich, „Belege“ beizufügen. Wird keine Erklärung abgegeben, kann der Dritte in ein Erklärungsverfahren einbezogen und zur Zahlung des gepfändeten Betrags verurteilt werden, „als ob er Schuldner wäre“ (Artikel 477a Rv Absatz 1). Dies ist auch dann möglich, wenn eine abgegebene Erklärung unter den gegebenen Umständen einer vollständigen Unterlassung der Abgabe einer Erklärung gleichgestellt werden kann.
In der Berufung machte das Unternehmen geltend, dass es - anders als vom Landgericht angenommen - eine Erklärung abgegeben habe, die den gesetzlichen Anforderungen entspreche: Herr A und Frau B seien keine Angestellten des Unternehmens und erhielten als Geschäftsführer keine Vergütung. In Absprache mit dem Steuerberater sei daher festgestellt worden, dass auch ab Februar 2020 keine Lohnsteuer zu zahlen sei. Außerdem bestünden keine privaten Zahlungsverpflichtungen gegenüber Herrn A und Frau B.
Das Berufungsgericht stellte fest, dass dies keinen Einwand darstellte, der nicht bereits vom Gericht abgewogen und aus guten Gründen als zu leicht befunden worden war. Zur Verdeutlichung zählte das Gericht noch einmal die Umstände auf, die zu dem Schluss führten, dass die abgegebene Erklärung so mangelhaft war, dass sie in ihren Wirkungen der Nichtabgabe einer Erklärung gleichgestellt werden musste:
- Die Erklärung des Unternehmens sei auch nach Aufforderung zur weiteren Substantiierung nicht begründet worden.
- Das Unternehmen hatte das in § 475 Rv genannte Musterformular nicht verwendet und die von ihm abgegebene kurze Erklärung - trotz Aufforderung und Zusicherung in der mündlichen Verhandlung - praktisch nicht mit Belegen versehen (nicht ausreichend „durch Unterlagen belegt“). Dazu bestand aus den folgenden Gründen Anlass:
- Herr A und Frau B waren die einzigen im Unternehmen, die mit der Verwaltung, Vermarktung und Vermietung von Immobilien befasst waren. Sie waren auch DGAs und konnten daher als angemessenes Entgelt - sowohl nach § 479a Rv als auch nach der üblichen Lohnregelung des § 12a Lohnsteuergesetz - angesehen werden. Warum das für sie nicht gilt, wurde nicht deutlich gemacht.
- Offenbar wurden bis kurz nach der Pfändung noch Lohnsteueranmeldungen abgegeben. Das verlangte nach Unterlagen, die auf 0 Rückgaben oder Erstattungen hinweisen könnten. Diese fehlten.
- Die für den Lebensunterhalt von Herrn A. und Frau B. abgehobenen Gelder wären als Darlehen eingetragen worden. Es wurde auf den entsprechenden Vertrag verwiesen, aber auch dieser fehlte.
- Das Unternehmen hätte auch Jahresabschlüsse oder andere Buchhaltungsunterlagen vorlegen können, um die Erklärung zu untermauern - ob im Entwurf oder nicht.
- Eine verfügbare notarielle Urkunde vom 20. März 2019 wies ein Darlehen von Frau A an das Unternehmen in Höhe von 372 000 € aus. In dieser Urkunde wurde auf den entsprechenden Darlehensvertrag für Privatkredite verwiesen. Dieses Dokument fehlte jedoch. Ohne eine Erklärung war es nicht plausibel, dass für dieses Darlehen keine Zinsen fällig waren.
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Fazit
Ein Gläubiger kann z. B. bewegliche Sachen oder Forderungen bei einem Dritten beschlagnahmen. Dieser Dritte ist verpflichtet, eine Erklärung abzugeben, was er dem Schuldner schuldet. Wird diese Erklärung nicht oder nur unzureichend abgegeben, kann der Drittschuldner für die gesamte Schuld des Schuldners haftbar gemacht werden. Die Abgabe einer zu niedrigen oder unrichtigen Erklärung ist der Nichtabgabe einer Erklärung gleichzusetzen und kann daher sehr weitreichende Folgen haben. Um den Drittschuldner zu verurteilen, muss der Gläubiger übrigens noch eine Klage bei Gericht einreichen.
Wenn Sie Fragen haben oder eine Beratung zum Thema Beschlagnahmung oder Zwangsvollstreckung benötigen, wenden Sie sich bitte unverbindlich an einen unserer Anwälte. Wir helfen Ihnen gerne weiter!