Am Arbeitsplatz gilt manchmal: "Ein Omelett kann man nicht machen und ein Unfall kann jederzeit passieren". Dann stellt sich die Frage: Hat der Arbeitgeber einen Fehler gemacht und ist er verpflichtet, dem Arbeitnehmer den Schaden zu ersetzen? Das Gericht in Gelderland hat kürzlich über diese Frage entschieden. Lesen Sie hier mehr:
Was waren die Fakten?
Im Dezember 2021 eilte ein Angestellter von Pluryn, einem Anbieter von Behinderten-, Jugend- und psychischen Gesundheitsdiensten, einem Kollegen zu Hilfe. Zusammen mit anderen fixiert der Mitarbeiter einen Bewohner der Wohngruppe im Zimmer des Bewohners für einige Zeit auf dem Boden. Das geht nicht gut aus: Der Mitarbeiter stößt gegen ein metallenes Eckgitter eines Bettes und zieht sich eine lange und tiefe Schnittwunde unter seiner rechten Kniescheibe zu. Der Angestellte macht vor Gericht geltend, dass Pluryn wegen Verletzung seiner Sorgfaltspflicht als Arbeitgeber für den Schaden haftbar ist.
Was besagt das Gesetz?
Das Gericht gibt zunächst den rechtlichen Rahmen vor: Gemäß Abschnitt 7:658 (1) des Bürgerlichen Gesetzbuchs muss der Arbeitgeber die Maßnahmen ergreifen, die vernünftigerweise erforderlich sind, um zu verhindern, dass der Arbeitnehmer bei der Ausübung seiner Arbeit Schaden erleidet. Aus der ständigen Rechtsprechung ergibt sich, dass diese Rechtsvorschrift grundsätzlich eine umfassende Sorgfaltspflicht des Arbeitgebers beinhaltet. Es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Arbeitgeber dieser Pflicht nachgekommen ist und daher nicht für Schäden haftet, die der Arbeitnehmer bei der Ausübung seiner Tätigkeit erlitten hat. Das Gesetz verlangt ein hohes Maß an Sicherheit des Arbeitsbereichs, der Ausrüstung, der Werkzeuge und der Kleidung sowie der Arbeitsorganisation und verpflichtet den Arbeitgeber, die ordnungsgemäße Einhaltung der von ihm erteilten Anweisungen nach Maßgabe der jeweiligen Umstände zu überwachen.
Andererseits ist Artikel 7:658(1) keine absolute Garantie für den Schutz des Arbeitnehmers vor Gefahren. Die Antwort auf die Frage, welche Maßnahmen der Arbeitgeber zu ergreifen hat, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, unter anderem:
- der Art der Arbeit;
- der Wahrscheinlichkeit, dass ein Unfall eintreten wird
- der Schwere der möglichen Folgen eines Unfalls und
- dem Grad der Unbedenklichkeit der zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen.
.
Darüber hinaus sollte der Arbeitgeber berücksichtigen, dass die Arbeitnehmer nicht immer die Vorsicht walten lassen, die zur Vermeidung von Unfällen ratsam ist. Der bloße Umstand, dass sich eine allgemein bekannte Schadensgefahr verwirklicht, oder die bloße Möglichkeit eines schweren Schadens (am Arbeitsplatz/Arbeitsplatz) begründet keine Verpflichtung des Arbeitgebers, Maßnahmen zur Schadensverhütung zu ergreifen; welche Verpflichtung den Arbeitgeber im konkreten Fall trifft, ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Falles zu beurteilen.
Wie hat das Gericht entschieden?
In diesem Fall haftet der Arbeitgeber tatsächlich für den Schaden des Arbeitnehmers. Die Begründung: Pluryn schuf eine unsichere Situation, indem es die Metallwinkelplatten auf die Betten der Kunden legte. Pluryn hätte diese Platten in das (hölzerne) Bett einfräsen müssen, damit sich das Personal oder die Kunden nicht an den scharfen Metallkanten schneiden, wenn sie dagegen stoßen. Gerade in einem kleinen Raum wie dem Zimmer des Klienten, in dem er regelmäßig wegen aggressiven Verhaltens ruhiggestellt werden muss, ist es zumutbar, Pluryn zu bitten, die Eckplatten einzufräsen. Das Gericht wog hier auch ab, dass es sich um eine einfache notwendige Vorsichtsmaßnahme handelte und dass die Folgen schwerwiegend sein könnten, nämlich tiefe Schnitte. Durch die Unterlassung dieser Vorsichtsmaßnahme hat Pluryn als Arbeitgeber seine Sorgfaltspflicht verletzt. Der Arbeitnehmer hat daher Anspruch auf Schadenersatz.
Dieses Urteil können Sie hier nachlesen.
Haben Sie auch Fragen zur Arbeitgeberhaftung bei Unfällen? Das Arbeitsrechtsteam von SPEE Rechtsanwälte & Mediation ist bereit, sie zu beantworten.