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12 Mrz 2024 Führt eine gelegentliche 100%ige Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu einer Gewöhnliche Anordnung?

In einem kürzlich ergangenen Urteil des Amtsgerichts Rotterdam hatte sich der Richter mit der Frage zu befassen, ob eine Arbeitnehmerin Anspruch auf 100 % Lohnfortzahlung im Krankheitsfall hat, anstatt der ihr gesetzlich zustehenden 70 %. Sie stützt sich dabei auf die ihrer Ansicht nach übliche Praxis im Unternehmen des Arbeitgebers, wonach Arbeitnehmer im ersten Jahr der Krankheit in der Regel 100 % Lohn erhalten. Sie verweist auch auf eine frühere kurze Krankheit, während der sie selbst ebenfalls 100 % Lohnfortzahlung erhalten habe. Wie hat das Gericht entschieden?

Fakten

Am 1. September 2021 schlossen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag für die Dauer von acht Monaten. Anschließend schlossen die Parteien am 30. April 2022 einen zweiten Arbeitsvertrag, in dem der 31. Dezember 2023 als Enddatum festgelegt wurde.

In der Folge wurde ein dritter befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen.

Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, wann welcher befristete Arbeitsvertrag endete (und der nachfolgende Arbeitsvertrag begann).

Darüber hinaus stellt sich die Arbeitnehmerin auf den Standpunkt, dass sie ab Februar 2023 nicht Anspruch auf 70 % ihres Lohns hat, der ihr gemäß Artikel 7:629 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gezahlt wurde, sondern auf eine Lohnfortzahlung von 100 % ihres Lohns. Zu diesem Zweck argumentierte sie, dass es im Unternehmen des Arbeitgebers üblich sei, dass Arbeitnehmer während des ersten Jahres der Krankheit weiterhin das volle Lohn ausgezahlt bekämen, und dass der Arbeitgeber die Pflicht hat, die Arbeitnehmerin gleich zu behandeln. Außerdem - so argumentierte die Arbeitnehmerin - hat sie auch während einer früheren (kurzen) Krankheit 100 % ihres Lohns erhalten.

Was hat das Gericht entschieden?

Das Gericht entschied, dass in Abwesenheit entsprechender (schriftlicher) Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dennoch eine Verpflichtung zur Lohnfortzahlung in Höhe von 100 % bestehen kann, wenn dies in dem betreffenden Unternehmen Gewöhnliche Anordnung ist.

Das Gericht stellte jedoch fest, dass es keinen Beweis dafür gab, dass dies im Unternehmen des Arbeitgebers der Fall war.

Die Arbeitnehmerin hat, so das Gericht, ihre Behauptungen auch in diesem Punkt nicht ausreichend begründet.

Die Tatsache, dass der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern bei gelegentlichen und kurzfristigen Krankheitszeiten weiterhin 100 % des Lohns zahlt, ist (wie der Arbeitgeber in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat) auf praktische buchhalterische Erwägungen zurückzuführen und ändert nichts an der im Unternehmen des Arbeitgebers geltenden Regelung, dass bei Langzeiterkrankungen 70 % gezahlt werden.

Das Urteil können Sie hier lesen.

Schlussfolgerung

Kurz gesagt: Die gelegentliche Zahlung von 100 % des Lohns während einer (kurzfristigen) Krankheit führt nicht zu einer Gewöhnliche Anordnung. Der Arbeitgeber sollte sich jedoch darüber im Klaren sein, dass er durch sein Handeln bestimmte Erwartungen bei einem Arbeitnehmer wecken kann. Eine freundliche Geste in diesem Zusammenhang kann beispielsweise bei den Arbeitnehmern ein berechtigtes Vertrauen in Bezug auf die künftige prozentuale Lohnfortzahlung im Krankheitsfall schaffen. Ein Arbeitgeber tut daher gut daran, eine strikte und konsequente Regelung zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu verfolgen und am besten auch im Arbeitsvertrag klare Vereinbarungen dazu zu treffen.

Möchten Sie mehr über dieses Urteil oder über (die Fallstricke der) Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und/oder die Gestaltung oder Überprüfung neuer oder bestehender Arbeitsverträge erfahren? Die Arbeitsrechtler von SPEE advocaten & mediation stehen Ihnen gerne zur Verfügung.

SPEE advocaten & mediation Maastricht

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