29 Juli 2025 Ein Rechtsanwalt darf keine Informationen aus einer Mediation preisgeben, auch dann nicht, wenn er selbst nicht beteiligt war.

Als Rechtsanwältin und zugleich als bei der MfN registrierte Mediatorin gehört es für mich zum beruflichen Alltag, in Mediationsverfahren die Vertraulichkeit sorgfältig zu regeln und zu wahren. Leider gibt es noch immer Anwälte und Parteien, die es mit der Vertraulichkeit – einem der Grundpfeiler der Mediation – nicht so genau nehmen. Eine aktuelle Entscheidung der niederländischen Rade von Discipline (Anwaltsgericht) bestätigt erneut, wie streng die Verschwiegenheitspflicht im Rahmen einer Mediation zu handhaben ist – auch für Anwälte, die selbst nicht an den Mediationsgesprächen teilgenommen haben. In dem betreffenden Fall wurde ein Rechtsanwalt im Rahmen eines berufsrechtlichen Beschwerdeverfahrens verwarnt, weil er Informationen aus einem früheren Mediationsverfahren zwischen seiner Mandantin und deren Ex-Partner offengelegt hatte.

Der Fall

Der Beschwerdeführer und seine Ex-Partnerin hatten versucht, ihren Konflikt im Rahmen eines Mediationsverfahrens beizulegen. In diesem Zusammenhang unterzeichneten sie eine Mediationsvereinbarung, in der unter anderem eine Vertraulichkeitsklausel enthalten war. Als es später doch zu einem gerichtlichen Verfahren über Umgang und Unterhalt kam, reichte der Rechtsanwalt der Ex-Partnerin – der an der Mediation nicht beteiligt gewesen war – im Namen seiner Mandantin eine Klageerwiderung beim Gericht ein. Dieser Klageerwiderung fügte er Anlagen bei, in denen unter anderem Äußerungen seiner Mandantin zur Mediation enthalten waren.

Nachdem der Anwalt des Beschwerdeführers hiergegen Einspruch erhoben hatte, zog der betroffene Rechtsanwalt diese Anlagen zwar umgehend zurück. Der Beschwerdeführer war jedoch der Auffassung, dass der Schaden bereits entstanden sei: Das Gericht habe bereits Kenntnis von den eingereichten Unterlagen und somit auch von dem Inhalt der Mediation erlangen können.

Vertraulichkeit gilt auch für Anwälte

Der Rade von Discipline gab dem Beschwerdeführer recht und verwies auf ständige Rechtsprechung des Hof van Discipline. Daraus geht klar hervor, dass die sich aus einer Mediationsvereinbarung ergebende Verschwiegenheitspflicht auch für Rechtsanwälte gilt – selbst wenn sie nicht an der Mediation beteiligt waren und keine gesonderte Verschwiegenheitserklärung unterzeichnet haben.

Nach Auffassung des Anwaltsgerichts würde die Verschwiegenheitspflicht „in unzulässiger Weise ausgehöhlt“, wenn ein Anwalt nach eigenem Ermessen und ohne Absprache mit der Gegenseite Informationen aus der Mediation im Verfahren verwenden dürfte.

Die Verschwiegenheitspflicht umfasst zudem nicht nur Vorschläge oder Entwürfe, die während der Mediation gemacht wurden. Sie bezieht sich auf sämtliche mündlich oder schriftlich ausgetauschten Informationen sowie auf den Ablauf der Gespräche, die gezeigten Emotionen der Parteien und wechselseitige Vorwürfe. Nur unter besonderen Umständen kann von dieser Pflicht abgewichen werden – solche lagen im vorliegenden Fall jedoch nicht vor.

Die Disziplinarmaßnahme

Der Raad kam zu dem Schluss, dass der betroffene Rechtsanwalt die Grenzen des ihm zustehenden Handlungsspielraums überschritten hat. Obwohl eine Rüge angemessen gewesen wäre, erhielt der Anwalt unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles lediglich eine Verwarnung.

Die vollständige Entscheidung lesen Sie hier.

Was lehrt uns diese Entscheidung?

Diese Entscheidung unterstreicht, wie wichtig ein sorgfältiger Umgang mit vertraulichen Informationen aus Mediationsverfahren ist, auch für Anwälte, die nicht selbst an der Mediation beteiligt waren. Rechtsanwälte, die in einem späteren gerichtlichen Verfahren eine der ehemaligen Parteien vertreten, unterliegen derselben strengen Verschwiegenheitspflicht. Der Berufsrichter bringt es auf den Punkt: Mediation ist vertraulich – und diese Vertraulichkeit muss geschützt werden. Als Mediatorin achte ich zusätzlich stets darauf, dass auch Parteivertreter wie Anwälte eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen. Im vorliegenden Fall hätte dies jedoch nichts geändert, da der betroffene Anwalt zum Zeitpunkt der Mediation noch nicht beteiligt war.

Fragen zur Mediation, zur Vertraulichkeit oder zu den rechtlichen Grenzen im Rahmen eines Mediationsverfahrens? Die erfahrenen Mediatoren von SPEE advocaten & mediation stehen Ihnen gerne zur Verfügung.

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