4 Nov. 2024 Eigentümergemeinschaft: Ist die Ladung aller Wohnungseigentümer zur Änderung der Teilungserklärung erforderlich?

Der Oberste Gerichtshof hat kürzlich über die Frage entschieden, ob das Gericht über Anträge auf Aufhebung eines Verbandsbeschlusses und auf Erteilung einer Ersatzgenehmigung zur Änderung der Teilungserklärung ohne Ladung aller Wohnungseigentümer hätte entscheiden dürfen.

Worum ging es in diesem Fall?

In diesem Fall ging es um einen Streit zwischen Wohnungseigentümern einer Wohnanlage. Die drei Eigentümer der Wohnungen im obersten Stockwerk wollten ihre Wohnung durch einen Überbau mit dazugehöriger Terrasse auf dem Dach der Anlage erweitern. Der Eigentümer der Geschäftsräume im Erdgeschoss wollte die Geschäftsräume in fünf separate Wohnungsrechte aufteilen. Die absolute Mehrheit der Stimmen in der Versammlung der Eigentümergemeinschaft hatte der Verwirklichung dieser Pläne zugestimmt, aber die erforderliche Änderung der Teilungsurkunde erhielt nicht die erforderlichen 80 % der Stimmen.

Das Verfahren vor dem Amtsgericht

Die drei Eigentümer der Wohnungen im obersten Stockwerk und der Eigentümer der Geschäftsräume im Erdgeschoss beantragten daraufhin beim Amtsgericht die Erteilung einer Ersatzgenehmigung (Artikel 5:140 Absatz 1 des Zivilgesetzbuchs) zur Änderung der Teilungserklärung. Die Eigentümer von vier weiteren Wohnungen lehnten dies ab und beantragten beim Amtsgericht die Aufhebung des VvE-Beschlusses gemäß Artikel 5:130 des Zivilgesetzbuchs. Andere Wohnungseigentümer waren Mitglieder des VvE, wurden aber nicht in das Verfahren einbezogen.

Das Amtsgericht erteilte die Ersatzbewilligung und wies den Antrag auf Aufhebung des VvE-Beschlusses zurück.

Berufung

Auf die Berufung hin hob das Berufungsgericht den Beschluss des Amtsgerichts auf, hob den VvE-Beschluss auf und wies den Antrag auf Erteilung einer Ersatzbewilligung zur Änderung der Teilungsurkunde zurück.

Zu diesem Zweck hat das Gericht u. a. Folgendes berücksichtigt:

"Nach der mündlichen Verhandlung stellte das Berufungsgericht fest, dass die [anderen Wohnungseigentümer] zwar über die genannten Anwälte als ‚Beteiligte‘ zur mündlichen Verhandlung geladen worden waren, aber entgegen den Bestimmungen der Paragraphen 5:130(3) und 5:140(4) des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht ‚namentlich‘ geladen worden waren. Das Berufungsgericht wird im weiteren Verlauf dieses Urteils darauf zurückkommen.

(…)

Dem Berufungsgericht ist bekannt, dass [die anderen Wohnungseigentümer] zu den Anträgen der Befürworter und der Gegner (auf Erteilung einer Ersatzbewilligung bzw. auf Anfechtung des VvE-Beschlusses) irrtümlich nicht 'namentlich' geladen worden sind. Aus dem Protokoll der VvE-Sitzung vom 28. Februar 2022 geht hervor, dass beide den Beschlüssen zu diesem Zeitpunkt zugestimmt haben. Die Kooperationsbereitschaft dieser Wohnungseigentümer, die sich im Übrigen der beantragten gerichtlichen Genehmigung nicht als Mitantragsteller angeschlossen haben, kann das Gericht jedoch nicht zu der Auffassung veranlassen, dass die Neinsager die Mitwirkung an den vorgeschlagenen Änderungen der Teilungserklärung ohne vernünftigen Grund verweigert haben. Unter Bezugnahme auf die obigen Ausführungen ist das Berufungsgericht der Auffassung, dass das Interesse der Neinsager in jedem Fall überwiegt. Da sich an der zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden Situation nach Auffassung des Gerichts nichts ändert, sieht das Gericht keinen Anlass, den Anträgen der beiden Wohnungseigentümer noch stattzugeben."

Urteil des Obersten Gerichtshofs

In der Kassationsbeschwerde wurde beanstandet, dass das Berufungsgericht nicht erkannt habe, dass es nicht hätte urteilen und entscheiden dürfen, ohne die anderen Wohnungseigentümer zu den Anträgen anzuhören. Daran können auch die Erwägungen des Gerichts nichts ändern, dass die von den anderen Wohnungseigentümern gezeigte Kooperation das Gericht nicht zu der Auffassung führen kann, dass die Neinsager sich ohne vernünftigen Grund weigerten, an den vorgeschlagenen Änderungen der Teilungserklärung mitzuwirken, dass das Gericht der Auffassung ist, dass das Interesse der Neinsager das Interesse der Wohnungseigentümer in jedem Fall überwiegt, und dass die zwischen den Wohnungseigentümern bestehende Situation durch das Urteil des Gerichts unverändert bleibt, so die Beschwerde.

Der Antrag auf Aufhebung des VvE-Beschlusses betreffe die Feststellung von Rechten und Pflichten der Wohnungseigentümer, und die Entscheidung über diesen Antrag binde sie alle. Gleiches gilt für den Antrag auf Erteilung der Ersatzbewilligung zum Zwecke der Änderung der Teilungserklärung und die darüber zu treffende Entscheidung. Dies bedeutet, so der Oberste Gerichtshof, dass das Gericht über diese Anträge nur in Verfahren entscheiden kann, an denen alle Wohnungseigentümer beteiligt sind. Dementsprechend schreibt Artikel 5:130 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unter anderem vor, dass alle Stimmberechtigten (also grundsätzlich alle Wohnungseigentümer) zur Anhörung über einen Antrag auf Anfechtung namentlich zu laden sind, und Artikel 5:140 Absatz 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Verbindung mit Artikel 5:139 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs schreibt vor, dass alle Wohnungseigentümer zur Anhörung über einen Antrag auf Erteilung einer Ersatzbewilligung namentlich zu laden sind. Diese Regelungen bringen für die dort angesprochenen Fälle den in Artikel 6 EMRK und Artikel 19 Rv enthaltenen Grundsatz des rechtlichen Gehörs und des rechtlichen Gehörs zum Ausdruck. Das Gericht hat von Amts wegen dafür zu sorgen, dass diese Vorschriften eingehalten werden.

Fazit

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die Beschwerde erfolgreich war. Das Gericht hätte nicht über die Anträge entscheiden dürfen, ohne zuvor die anderen Wohnungseigentümer zu diesen Anträgen zu hören. Dies konnte nichts daran ändern, dass mit der Entscheidung des Gerichts, die Ersatzbewilligung abzulehnen und den VvE-Beschluss aufzuheben, der bestehende Sachverhalt unverändert blieb.

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