Ein Fahrlehrer wird fristlos entlassen, weil er mit mehreren Schülern whatsapp-Kontakt hatte. Der Fahrlehrer leitet ein Verfahren ein, weil er der Meinung ist, dass die fristlose Kündigung nicht gültig ist, und er bestreitet die (Schwere der) vom Arbeitgeber erhobenen Vorwürfe. Wie beurteilt das Kantonsgericht diese Situation?
Was sind die Fakten?
Die Fahrschule, in der der Mitarbeiter arbeitet, erhält verschiedene Berichte/Beschwerden von (Eltern von) Schülern Über die Tatsache, dass der Mitarbeiter whatsApp-Kontakt mit verschiedenen Schülern unterhält, dessen Art und Inhalt nicht mit der professionellen Beziehung zwischen einem Fahrlehrer und einem Schüler vereinbar ist.
Der Arbeitgeber führte darüber ein Gespräch mit dem Arbeitnehmer und erteilte ihm in der Folge auch eine schriftliche Abmahnung, in der es hieß, dass bei einem erneuten unerlaubten whatsApp-Kontakt mit Schülern eine fristlose Kündigung folgen würde.
In der Folge gehen trotz des Gesprächs mit dem Mitarbeiter und der schriftlichen Verwarnung neue Beschwerden ein. Der Arbeitgeber sieht dies dann als Grund für eine fristlose Kündigung an.
Worum geht es in dem Verfahren?
Der Arbeitnehmer erhob Klage vor dem Amtsgericht und machte geltend, dass die fristlose Entlassung nicht rechtsgültig sei. Er beantragte die Feststellung oder zumindest die Aufhebung der fristlosen Entlassung und reichte außerdem eine Klage auf Zahlung rückständiger Gehälter ein.
Der Arbeitgeber erhob Widerklage und beantragte die Feststellung, dass die Entlassung des Arbeitnehmers mit sofortiger Wirkung wirksam war und die festgesetzte Entschädigung zu Recht auf die endgültige Abfindung des Arbeitnehmers angerechnet worden war. Darüber hinaus beantragte der Arbeitgeber (bedingt) für den Fall, dass dem Antrag des Arbeitnehmers auf Anfechtung der fristlosen Kündigung stattgegeben wird, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses aufgrund eines schuldhaften Verhaltens des Arbeitnehmers (primär) oder zumindest aufgrund einer Störung des Arbeitsverhältnisses (subsidiär).
Wie entscheidet das Amtsgericht?
Das Amtsgericht vertrat die Auffassung, dass bei der Beurteilung der Frage, ob ein dringender Grund für eine fristlose Kündigung im Sinne von Artikel 7:677 und 7:678 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegt, zunächst Folgendes zu berücksichtigen ist.
Die fristlose Entlassung ist ein letztes Mittel, das angesichts seiner weitreichenden Folgen nur in Ausnahmefällen angewendet werden darf. Gemäß Abschnitt 7:678(1) des DCC gelten als dringende Gründe im Sinne von Abschnitt 7:677 Absatz 1 des DCC solche Handlungen, Eigenschaften oder Verhaltensweisen des Arbeitnehmers, die zur Folge haben, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsvertrags nicht zugemutet werden kann. Bei der Beurteilung, ob ein solcher dringender Grund vorliegt, müssen alle Umstände des Falles in ihrem Zusammenhang und ihrer Kohärenz berücksichtigt werden. Außerdem trägt der Arbeitgeber die Beweislast für das Vorliegen und die Dringlichkeit des Kündigungsgrundes.
In dem Kündigungsschreiben wurde als Grund für die fristlose Entlassung des Arbeitnehmers angegeben, dass er eine persönliche Annäherung an einen minderjährigen Schüler des Arbeitgebers gesucht habe, während der Arbeitnehmer zuvor eine offizielle Abmahnung erhalten hatte. Als er für seine Handlungen zur Rechenschaft gezogen wurde, bagatellisierte der Arbeitnehmer seine eigenen Handlungen und beschädigte damit ernsthaft und irreparabel das Vertrauen, das der Arbeitgeber in den Arbeitnehmer als Fahrlehrer setzte, so der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben.
Das Amtsgericht war der Ansicht, dass dieser Grund unter den gegebenen Umständen nicht zu einer rechtsgültigen fristlosen Kündigung führen konnte. Zu diesem Zweck hat sie Folgendes geprüft.
Das Amtsgericht stellte zunächst fest, dass der Inhalt der Nachrichten des Angestellten aus den whatsapp-Konversationen zwischen dem Angestellten und den Schülern in einer Beziehung zwischen Fahrlehrer und Schülern nicht angemessen sei. Der Mitarbeiter schickte mehreren jungen Fahrschülern wiederholt Nachrichten, die nichts mit Fahrstunden zu tun hatten, obwohl er 2019 eine offizielle Abmahnung von wekgever erhalten hatte. Insbesondere die whatsapp-Nachrichten, in denen sich der Angestellte nach dem Alkoholkonsum und dem Nachtleben seiner Schüler erkundigte, waren nicht zu beanstanden.
Die Behauptung des Arbeitnehmers, der Kontakt sei lediglich freundschaftlicher Natur gewesen und er habe sich auf Gespräche im Auto bezogen, steht der Unzulässigkeit des Versendens solcher whatsapp-Nachrichten nicht entgegen.
Nach Ansicht des Amtsgerichts verstößt das Versenden dieser whatsapp-Nachrichten an Fahrschüler gegen die Integrität, die von einem Fahrlehrer erwartet werden kann, auch in Anbetracht des Altersunterschieds und des Abhängigkeitsverhältnisses, das zwischen Fahrlehrer und Schüler besteht. Der Arbeitnehmer hätte wissen müssen, dass ein solches Verhalten unzulässig ist.
Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass die sofortige Entlassung gerechtfertigt ist. Nach Ansicht des Amtsgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Angestellte tatsächlich Annäherungsversuche unternommen hat, um sich mit Schülern zu treffen. Auch gibt es keine konkreten sexuellen Anspielungen in der whatsapp-Geschichte. Der Arbeitnehmer hat unter Angabe von Gründen geltend gemacht, dass er niemals sexuelle oder belästigende Nachrichten an seine Schüler verschickt hat und dass er sich niemals mit einem Schüler außerhalb der Arbeitszeit getroffen hat. Der Arbeitgeber hat diese Behauptung nicht mit gegenteiligen Unterlagen belegen können.
Die Art und Schwere des oben genannten dringenden Grundes muss gegen die vom Arbeitnehmer vorgetragenen persönlichen Umstände abgewogen werden. In diesem Zusammenhang misst das Amtsgericht den Umständen besondere Bedeutung bei, dass der Arbeitnehmer bereits seit fünf Jahren beim Arbeitgeber beschäftigt war, dass der Arbeitgeber mit seinen Leistungen zufrieden war, dass der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kündigung psychisch gestört war und mit den weitreichenden Folgen der Kündigung für sein persönliches Leben konfrontiert war. Die erste Folge der Entlassung war, dass der Arbeitnehmer wegen Selbstmordgedanken in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen wurde.
Vor dem Hintergrund all dieser Umstände kann nicht behauptet werden, dass das Versenden solcher whatsapp-Nachrichten, auch wenn es an sich unangemessen ist, als eine schwerwiegende Handlung angesehen werden sollte. Nach Ansicht des Kantonsgerichts besteht zwischen den Parteien eine Meinungsverschiedenheit darüber, welche Verhaltensweisen zulässig sind. Eine fristlose Kündigung ist aufgrund ihrer weitreichenden und weitreichenden Folgen das härteste Mittel, das der Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer einsetzen kann. In diesem Fall, so das Landgericht, hätte sich der Arbeitgeber angesichts der oben beschriebenen Umstände mit einer (zweiten) ernsthaften Abmahnung begnügen können und müssen.
Auf der Grundlage der obigen Ausführungen entschied das Amtsgericht daher, dass die fristlose Kündigung unwirksam war, der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien somit noch intakt war und dem Hilfsantrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsvertrags aus diesem Grund stattgegeben wurde.
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Wenn Sie mehr über dieses Urteil, fristlose Kündigungen oder andere arbeitsrechtliche Fragen wissen möchten, stehen Ihnen die Arbeitsrechtler von SPEE advocaten & mediation gerne zur Verfügung.