In einem kürzlich ergangenen Urteil wurde ein Direktor einer in Konkurs gegangenen Holding- und Zwischenholdinggesellschaft vom Konkursverwalter für Massendefizite haftbar gemacht. Der betreffende Direktor hatte über vier Jahre hinweg eine erhebliche Kontokorrentschuld bei der Holdinggesellschaft aufgebaut und dieses Geld für riskante Investitionen verwendet. Trotz der schlechten finanziellen Ergebnisse der operativen Gesellschaften und der Warnungen des Wirtschaftsprüfers beschloss der Direktor sich im Jahr 2015 eine weitere Summe von 750 000 Euro als Dividende auszahlen zu lassen.
Der Fall in Kürze
Die Aktien von Repo-Vastgoed BV wurden von der Holding BV gehalten. Die Holding BV ist eine Holdinggesellschaft, das oberste Unternehmen innerhalb einer Unternehmensgruppe. Eine Holdinggesellschaft sichert in der Regel Gewinne, Renten und andere wichtige Vermögenswerte. Sollte eine operative Gesellschaft in finanzielle Schwierigkeiten geraten und in Konkurs gehen, bleiben die wertvollen Vermögenswerte in der Holdinggesellschaft geschützt und fallen nicht in den Konkurs der operativen Gesellschaft.
Der Beklagte in diesem Rechtsstreit war sowohl 100%iger Aktionär als auch Direktor der Holding BV. Die Repo Vastgoed BV besaß ihrerseits Anteile an drei Betriebsgesellschaften des Stahlsektors.
Der Direktor hatte vier Jahre lang erhebliche Kontokorrentschulden bei der Holding BV in Höhe von rund 1 Mio. EUR. Im Jahr 2015 stiegen die Schulden um 500.000 EUR, da der Direktor diesen Betrag abzog, um risikoreiche Wertpapiere zu kaufen. Es wurden keine Vereinbarungen über Rückzahlung, Zinsen oder Sicherheiten getroffen. Dies änderte sich erst im Jahr 2015, als die Steuerbehörden den Direktor dazu zwangen.
Im Jahr 2015 zahlte die Holding BV außerdem eine Dividende in Höhe von 750.000 EUR an den Direktor aus. In den vorangegangenen Jahren (2011-2013) hatte die Holding BV jedoch Verluste erlitten, und obwohl in den Jahren 2014 und 2015 kleine Gewinne erzielt wurden, herrschte Ungewissheit über die Kontinuität. Diese Ungewissheit wurde vom Wirtschaftsprüfer im Jahr 2015 ausdrücklich festgestellt. Schließlich zog ABN AMRO im Mai 2017 seine Kreditfazilitäten aufgrund privater Spekulationen des Direktors mit Mitteln aus den Betriebsgesellschaften zurück. Dies führte zum Konkurs sowohl der Betriebsgesellschaften als auch von Repo Vastgoed im Oktober 2017 und der Holding BV zuletzt im Januar 2018.
Urteil des Landgerichts
Der Konkursverwalter machte den Direktor für das Nachlassdefizit haftbar und behauptete die Nichtigkeit des Dividendenbeschlusses. Dabei stützte sich der Konkursverwalter unter anderem auf Abschnitt 2:248(2) des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der besagt, dass eine unsachgemäße Geschäftsführung als wesentliche Ursache für den Konkurs gilt, wenn die Veröffentlichungspflicht nicht erfüllt wurde. Dies war im Jahr 2016 der Fall.
Das Landgericht stellte fest, dass es der Holding BV und ihren operativen Gesellschaften schon vor 2015 nicht gut ging und dass sich der Direktor einer unsachgemäßen Geschäftsführung schuldig gemacht hatte. Die Kontokorrentschulden blieben trotz der schlechten finanziellen Lage der Holding und ihrer Betriebsgesellschaften bestehen.
Außerdem war die Finanzierung der privaten Investitionen des Direktors zu unvorsichtigen Bedingungen erfolgt. Auch die Ausschüttung von Dividenden im Jahr 2015 war angesichts der Finanzergebnisse des Unternehmens nicht gerechtfertigt. Das Vertrauen von ABN AMRO wurde durch diese Handlungen erschüttert, was letztlich zum Konkurs der Holding führte. Ohne die Kreditfazilitäten von ABN AMRO waren die Unternehmen in der Tat nicht lebensfähig.
All dies veranlasste das Landgericht zu der Schlussfolgerung, dass kein vernünftig denkender Direktor unter diesen Umständen so gehandelt hätte und somit eine offenkundig unzulässige Geschäftsführung vorlag.
Nichtigkeit des Dividendenbeschlusses
Das Landgericht entschied auch über die Nichtigkeit des Dividendenbeschlusses. Der Gesellschaftsvertrag der Holding sah vor, dass eine Beschlussfassung außerhalb der Hauptversammlung der Aktionäre möglich ist, wenn alle Aktionäre schriftlich zustimmen. Dies war jedoch nicht der Fall, so dass ein Verstoß gegen den Gesellschaftsvertrag vorlag. Gemäß Artikel 3:39 des Bürgerlichen Gesetzbuchs führt ein solcher Verstoß zur Nichtigkeit, auch wenn es nur einen Aktionär gibt, um die Rechtssicherheit und die Interessen der Gläubiger zu schützen. Das Landgericht entschied daher, dass der Dividendenbeschluss nichtig ist und der Direktor den erhaltenen Betrag von 750 000 € zurückzahlen muss.
Das vollständige Urteil können Sie hier lesen.
Schlussfolgerung
Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung einer guten Unternehmensführung in Unternehmen und die persönliche Verantwortung der Direktoren bei finanziellen Entscheidungen. Das Landgericht stellt klar, dass Direktoren nicht nur die Regeln des Gesellschaftsvertrags zu beachten haben, sondern auch im Interesse des Unternehmens und seiner Gläubiger handeln müssen. Missmanagement, wie z. B. die Aufnahme hoher Schulden und die Ausschüttung von Dividenden in finanziell unsicheren Zeiten, kann weitreichende Folgen haben. Die persönliche Haftung ist in dieser Hinsicht sicherlich nicht ausgeschlossen.
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