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7 Okt 2024 Entstehung einer Grunddienstbarkeit durch Ersitzung

In Nachbarschaftsstreitigkeiten geht es um die Frage, ob eine Grunddienstbarkeit durch Ersitzung entstanden ist und insbesondere, ob der dafür erforderliche gute Glaube an den Besitz vermutet werden kann. Kann die Unkenntnis von Tatsachen, die bei Einsichtnahme in die Register bekannt gewesen wären, den guten Glauben ausschließen?

Der Sachverhalt

In einem Fall, den der Oberste Gerichtshof im vergangenen Jahr zu entscheiden hatte, ging es um Folgendes. Die Parteien waren unmittelbare Nachbarn des anderen. Beide Häuser lagen an einem Gewässer, dem Balkengat, das mit der Spaarne verbunden ist. Die Grundstücke der Parteien umfassten jeweils einen Teil des Balkengat. Vom Grundstück des Klägers war die Spaarne auf dem Wasserweg nur über den zum Grundstück der Beklagten gehörenden Teil des Balkengats zu erreichen.

Bis zum 31. August 2001 bildeten die Grundstücke der Parteien ein einziges Flurstück mit der Nummer 003. Mit notarieller Urkunde vom 11. März 1999 wurde ein Wegerecht zugunsten und zu Lasten des Grundstücks 003 einerseits und der Grundstücke 004 und 005 (die andere Teile des Balkengat umfassen) andererseits begründet. In der Urkunde heißt es:
Es wird hiermit gegenseitig zu Gunsten und zu Lasten der [Parzelle [003]] und zu Gunsten und zu Lasten der [Parzellen [004] und [005]] die Dienstbarkeit des Wegerechts für die Fahrt mit einem Schiff über das Wasser zu und von der Zuider Buiten Spaarne begründet.

Mit notarieller Urkunde vom 31. August 2001 wurde die Parzelle 003 in die Parzelle 002 (die zum Zeitpunkt des Verfahrens den Klägern gehört) und die Parzelle 001 (die zum Zeitpunkt des Verfahrens den Beklagten gehört) aufgeteilt. Mit dieser Urkunde übertrugen die ursprünglichen Eigentümer die Parzelle 001 auf die Rechtsvorgängerin der Beklagten. Die ursprünglichen Eigentümer behielten dann das Eigentum an der Parzelle 002.

Die notarielle Urkunde vom 31. August 2001 zitiert hinsichtlich der Dienstbarkeiten lediglich aus der notariellen Urkunde vom 11. März 1999. Eine Grunddienstbarkeit zwischen den Grundstücken 002 und 001 wurde darin nicht begründet.

Die ursprünglichen Eigentümer verkauften und übergaben die Parzelle 002 im Jahr 2015 an die Klägerinnen. Die Parzelle 001 wurde am 1. Dezember 2016 an die Beklagten übergeben. Die entsprechende Übergabeurkunde bezog sich auf die notarielle Urkunde vom 31. August 2001.

Nach einiger Zeit sperrten die Beklagten den zu ihrer Parzelle gehörenden Teil des Balkengat durch das Anbringen von drei miteinander verbundenen Anlegepfählen ab. Sie vertraten die Auffassung, dass auf ihrem Grundstück keine Dienstbarkeit zugunsten des Grundstücks der Kläger bestehe. Die Kläger wehrten sich gegen die Schließung und beantragten, die Beklagten zu verurteilen, die Dienstbarkeit (ungehinderter Durchgang zur und von der Spaarne über das Balkengat) zu beachten.

Urteil des Landerichts und Berufungsgericht

Das Landgericht verurteilte die Beklagten, die Grunddienstbarkeit für den Schiffsverkehr auf dem Wasser einzuhalten, insbesondere durch Verkürzung der von ihnen im Balkengat errichteten Konstruktion. Das Berufungsgericht hob das Urteil des Landsgerichts auf und wies die Klage der Kläger ab.

Was die Berufung der Kläger auf den gutgläubigen Erwerb durch Dauerbesitz angeht, so stellte das Gberufungsgericht kurz fest, dass die ursprünglichen Eigentümer nicht als gutgläubig im Sinne von Artikel 3:118 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzusehen sind. Eine etwas genauere Lektüre der am 31. August 2001 in den öffentlichen Registern eingetragenen Urkunde zeigt, dass darin keine Dienstbarkeit zwischen den Parzellen 002 und 001 begründet wurde. Daher konnten sich die ursprünglichen Eigentümer gemäß Artikel 3:23 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht auf die Unkenntnis der Tatsache berufen, dass keine Grunddienstbarkeit begründet worden war.

Urteil des Obersten Gerichtshofs

Der Oberste Gerichtshof war jedoch anderer Meinung.

In der Kassationsinstanz wurde gerügt, dass das Berufungsgericht missverstanden hätte, dass Artikel 3:23 des Zivilgesetzbuches sich nur auf Fälle bezieht, in denen der Erwerber einer Immobilie es besser gewusst hätte, indem er die Register im Hinblick auf den Erwerb der Dienstbarkeit konsultiert hätte, während die Situation in diesem Fall darin bestand, dass die Parteien der Teilung des Grundstücks 003 davon ausgingen, dass eine Dienstbarkeit durch die Eintragung der Teilungsurkunde durch den Notar begründet worden war. Die Kläger machten geltend, dass die ursprünglichen Eigentümer und der Rechtsvorgänger der Beklagten bei der Teilung der Parzelle 003 in die Parzellen 002 und 001 die Absicht hatten, eine Grunddienstbarkeit zugunsten der Parzelle 002 (in der die ursprünglichen Eigentümer wohnen wollten) und zugunsten der Parzelle 001 (in der der Rechtsvorgänger der Beklagten wohnen wollte) zu bestellen, und dass sie dies beim Notar besprochen hatten. Daher konnten die ursprünglichen Eigentümer aus den öffentlichen Aufzeichnungen nicht schließen, dass keine Dienstbarkeit begründet worden war, da es genau die Absicht der Parteien war, mit der Teilungsurkunde vom 31. August 2001 eine Dienstbarkeit zu begründen.

Aus dem Gesetz geht hervor, dass eine Grunddienstbarkeit eingetragenes Eigentum ist und durch Verjährung erworben werden kann, wenn man die Grunddienstbarkeit zehn Jahre lang ununterbrochen in gutem Glauben besessen hat (Artikel 3:99 Absatz 1 des Zivilgesetzbuchs). Ein Besitzer ist gutgläubig, wenn er sich für berechtigt hält und vernünftigerweise davon ausgehen konnte, dass er es ist (Art. 3:118 Abs. 1 BW). Ist ein Besitzer gutgläubig, so gilt er als gutgläubig (Art. 3:118 Abs. 2 ). An Treu und Glauben fehlt es nicht nur, wenn der Besitzer die Tatsachen oder das Recht, auf die sich sein guter Glaube beziehen muss, kannte, sondern auch, wenn er sie unter den gegebenen Umständen hätte kennen müssen (Art. 3:11 des Zivilgesetzbuchs). Art. 3:23 BW lautet:
Die Berufung des Erwerbers eines eingetragenen Eigentums auf Treu und Glauben wird nicht anerkannt, wenn diese Berufung die Unkenntnis von Tatsachen einschließt, die bei Einsichtnahme in die Register bekannt gewesen wären.

Der Oberste Gerichtshof entschied, dass Art. 3:23 des Zivilgesetzbuches der Annahme von Treu und Glauben nicht entgegensteht, wenn die notarielle Urkunde über die Begründung einer Grunddienstbarkeit ohne Wissen der Parteien nicht eingetragen wird oder die Grunddienstbarkeit in der eingetragenen notariellen Urkunde nicht erwähnt wird. Art. 3:23 des Zivilgesetzbuchs begründet nämlich keine Verpflichtung, den eigenen Erwerb zu untersuchen, sondern soll den früheren Rechtsinhaber vor dem späteren Besitzer schützen, der die Tatsachen oder das Recht durch Einsichtnahme in die Register hätte kennen können.

Wie aus dem Endurteil des Berufungsgerichts hervorgeht, argumentierten die Kläger, dass die ursprünglichen Eigentümer bei der Teilung der Parzelle 003 und der Übertragung eines Teils davon (Parzelle 001) von den ursprünglichen Eigentümern und der Rechtsvorgängerin der Beklagten auf die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Absicht hatten, eine Dienstbarkeit zugunsten der Parzelle 002 und zu Lasten der Parzelle 001 zu begründen, und dass sie davon ausgingen, dass dies auch in der notariellen Teilungs- und Übertragungsurkunde vorgesehen war. Das Gericht wies diese Behauptungen nicht zurück.

Wenn die beabsichtigte Grunddienstbarkeit aufgrund eines Versäumnisses des Notars tatsächlich nicht errichtet wurde, die ursprünglichen Eigentümer dieses Versäumnis damals nicht bemerkten und es nicht den Anschein hat, dass ihnen dies zugerechnet werden kann, steht dem Vertrauen der Kläger auf den guten Glauben der ursprünglichen Eigentümer nicht entgegen, dass die ursprünglichen Eigentümer das Versäumnis in der Urkunde bei einer späteren Einsichtnahme in die Register hätten bemerken können.

Schlussfolgerung

Die Beschwerde hat somit Erfolg. Die Unkenntnis von Tatsachen, die bei einer Einsichtnahme in die Register bekannt gewesen wären, schließt die Einrede des guten Glaubens in diesem Fall nicht aus.

Möchten Sie mehr wissen oder benötigen Sie Fragen oder Beratung zu einer Dienstbarkeit? Dann nehmen Sie bitte unverbindlich Kontakt mit einem unserer Anwälte auf. Wir helfen Ihnen gerne weiter!

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