16 Dez. 2024 Informelle Ernennung des Vorstands einer Eigentümergemeinschaft, ist das erlaubt?

In der Praxis kommt es regelmäßig vor, dass ein Vorstandsmitglied einer Eigentümergemeinschaft formlos ernannt wird, z. B. wenn die Person, die die Eigentümergemeinschaft zuerst bei der Handelskammer anmeldet, sich selbst als Vorstandsmitglied einträgt oder wenn der Käufer der Wohnung eines Vorstandsmitglieds als nachfolgendes Vorstandsmitglied eingetragen wird. Ist dies zulässig und kann etwas dagegen unternommen werden? Das Amtsgericht in Rotterdam hatte kürzlich darüber zu entscheiden.

Worum ging es in diesem Fall?
In der Eigentümergemeinschaft eines Mehrfamilienhauses in Rotterdam ging es um Folgendes. Die Eigentümergemeinschaft bestand aus dem Eigentümer von zwei Läden im Erdgeschoss und den Eigentümern von sieben Wohnungen über den Läden. Zwei der Wohnungen über den Läden gehörten dem Sohn des Eigentümers der Läden. Vater und Sohn verfügten zusammen über 18 von 28 Stimmen in der Eigentümergemeinschaft. Die Eigentümer der übrigen fünf Wohnungen verfügten zusammen über die restlichen 10 Stimmen.

Im Mai 2023 fand eine Sitzung statt, auf der der Haushalt für das Jahr 2023 besprochen wurde. Die Eigentümer der fünf verbleibenden Wohnungen hatten im Vorfeld der Versammlung um zugrunde liegende Finanzunterlagen gebeten, die sie jedoch nicht erhielten. Auf der Versammlung wurde dann abgestimmt. Sie stimmten gegen den Haushaltsplan und auch gegen den Vorschlag, den Beitrag der Eigentümergemeinschaft zu vervierfachen. Vater und Sohn, die somit die Mehrheit der Stimmen hatten, stimmten jedoch dafür. Damit hatte die Eigentümergemeinschaft die vorgeschlagenen Beschlüsse gefasst.

Das Verfahren
Die fünf anderen Eigentümer fühlten sich übergangen, da sie keinen Einblick in die Finanzen und aufgrund des Stimmverhältnisses keinen Einfluss auf den Entscheidungsprozess hatten. Infolgedessen verstießen die Beschlüsse gegen Angemessenheit und Fairness. Außerdem seien Vater und Sohn nicht berechtigt, als Vorsitzender und Vorstandsmitglied der Eigentümergemeinschaft zu fungieren. In der Klage beantragten sie daher unter anderem, die Beschlüsse über die Zustimmung zum Haushalt und die Vervierfachung des Beitrags für nichtig zu erklären, die Eigentümergemeinschaft unter Androhung eines Zwangsgelds zur Übergabe der Verwaltung innerhalb von vier Wochen zu verurteilen, die Bestellung von Vater und Sohn als Vorsitzender und Vorstandsmitglied für nichtig zu erklären und eine Ersatzbewilligung für die Bestellung eines neuen eines neuen Vorsitzenden und Vorstandsmitglieds zu erteilen

Was besagt das Gesetz?
Das Amtsgericht kann unter anderem Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft für nichtig erklären, wenn diese Beschlüsse gegen Angemessenheit und Billigkeit verstoßen (Abschnitte 5:130, 2:15 und 2:8 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Inhaltlich kann ein Beschluss gegen Angemessenheit und Billigkeit verstoßen, wenn die Eigentümergemeinschaft bei angemessener Abwägung aller beteiligten Interessen diesen Beschluss nicht vernünftigerweise und nach Treu und Glauben hätte fassen können. Ein Beschluss kann auch aufgrund der Art und Weise, wie er zustande gekommen ist, gegen die Angemessenheit und Fairness verstoßen. Dies kann der Fall sein, wenn die Eigentümergemeinschaft einen Beschluss gefasst hat, ohne dass die Mitglieder ausreichend Gelegenheit hatten, sich am Entscheidungsprozess zu beteiligen.

Das Urteil des Amtsgerichts
Vor dem Hintergrund dieses rechtlichen Rahmens urteilte das Amtsgericht wie folgt:
"Am 12. Mai 2023 beschloss die Eigentümergemeinschaft, dem Haushalt 2023 zuzustimmen und den Beitrag zu vervierfachen. Die Kläger wollen diese Beschlüsse aufheben lassen, weil ihnen trotz Aufforderung die entsprechenden Finanzunterlagen nicht vorgelegt wurden. Die Kläger sind allesamt keine langjährigen Eigentümer und wollen daher überprüfen können, woher die Beträge im Haushalt stammen und ob dieser Haushalt und die Erhöhung angemessen und real sind.

Als Antwort auf dieses Ersuchen verwies die Eigentümergemeinschaft auf das MJOP. Daraus geht hervor, dass die Unterhaltskosten zurückgestellt werden müssen. Das Amtsgericht hat nicht entschieden, ob dies aus dem MJOP abgeleitet werden kann. Selbst wenn dies der Fall wäre, haben die Kläger keine Vorstellung davon, welche Rücklagen es derzeit gibt, wie sie gebildet wurden und welche Rücklagenbildung sie absehen können. Es ist unbestritten, dass die Klägerinnen diese Informationen mehrfach angefordert und bis heute nicht erhalten haben. Bei dieser Sachlage hätte die Eigentümergemeinschaft nicht beschließen können, den Haushalt zu genehmigen und den Beitrag zu vervierfachen. Diese Beschlüsse sind daher aufzuheben.

Nach der Teilungsordnung muss der Verwalter jedem Eigentümer Einsicht in die Finanzunterlagen gewähren (Artikel 40 Absatz 6). Der Verwalter der Eigentümergemeinschaft hat dies zu Unrecht verweigert. Nach Ansicht der Eigentümergemeinschaft ist dieses Einsichtsrecht nicht unbegrenzt und die Mitglieder müssen angeben, welche Unterlagen sie einsehen wollen. Das Amtsgericht stimmte der Eigentümergemeinschaft zu, aber die Antragsteller taten dies in ihrem Antrag ebenfalls. Die Eigentümergemeinschaft hat nicht geltend gemacht, dass die Bereitstellung dieser spezifischen Dokumente angesichts des damit verbundenen Zeit-, Kosten- oder Arbeitsaufwands nicht möglich ist. Daher steht dies der Entscheidung nicht entgegen.

Vater und Sohn haben in der Vergangenheit als Vorsitzender und/oder Vorstandsmitglied fungiert. Nach Ansicht der Kläger hat der Oberste Rat jedoch nie einen entsprechenden Beschluss gefasst. Sie machten daher geltend, dass die Ernennung zum Vorsitzenden und/oder Vorstandsmitglied nichtig sei.

Das Amtsgericht stellte fest, dass sich aus der Teilungsordnung ergibt, dass nur die Eigentümerversammlung einen Vorsitzenden (Artikel 32 Absatz 5) und einen Vorstandsmitglied (Artikel 40 Absatz 1) ernennen kann. Es wäre daher Aufgabe der Eigentümergemeinschaft gewesen, darzulegen (und zu beweisen), wann die Eigentümerversammlung beschlossen hat, dass Vater und Sohn zu Vorstandsmitglied und/oder Vorsitzenden ernannt werden sollten. Dies hat er nicht getan. Folglich kann nicht festgestellt werden, dass die beiden Herren gültig bestellt wurden, so dass das Amtsgericht ihre Bestellung für nichtig erklären wird (Artikel 5:129 und Artikel 2:14 Absatz 2 des DCC).

Eine weitere Sitzung fand am 11. Mai 2024 statt. Sie war ursprünglich für Ostermontag in einem Schwimmbadcafé angesetzt. Die Antragsteller teilten mit, dass sowohl dieser Tag als auch der Veranstaltungsort für sie nicht in Frage kämen. Sie schlugen vor, einen Terminplaner in Umlauf zu bringen und den Veranstaltungsort in ein Büro in der Nähe zu verlegen. Die Eigentümergemeinschaft hat auf diese Anträge nicht reagiert. Sie verlegte die Sitzung lediglich auf Samstag, den 11. Mai 2024. Die Antragsteller haben erneut um eine Verlegung gebeten, zumindest auf einen Wochentag. Der Grund dafür ist, dass die meisten Eigentümer die Verwaltung an eine professionelle Organisation übertragen haben und der Bevollmächtigte der Antragsteller ebenfalls teilnehmen wollte. Die Eigentümergemeinschaft ging auf diese Einwände nicht ein und ließ die Versammlung zu. Keiner der Antragsteller nahm an der Versammlung teil.

Das Amtsgericht stellte in erster Linie fest, dass alle in dieser Sitzung getroffenen Entscheidungen schon allein aufgrund der Art und Weise, wie sie zustande gekommen waren, gegen die Vernunft und Arness verstießen. Aufgrund der Art und Weise, wie die Sitzung anberaumt wurde, hatten die Antragsteller nämlich keine ausreichende Gelegenheit, sich am Entscheidungsprozess zu beteiligen. Die Entscheidungen verstießen auch aus (eher) inhaltlichen Gründen gegen die Angemessenheit und Fairness.

In der Sitzung wurde Frau H. zur neuen Vorstandsmitglied ernannt. Die Kläger wurden nicht im Voraus über den vorgeschlagenen neuen Vorstandsmitglied informiert. Außerdem haben die Kläger unbestritten vorgetragen, dass Frau H. kein professionelles Mitglied der Eigentümergemeinschaft ist. Sie habe nur eine Hotmail-Adresse, sei online nicht auffindbar, habe kein Online-Verwaltungsportal und sei nicht bei der Handelskammer eingetragen. Die Eigentümergemeinschaft hat keine Begründung dafür geliefert, warum Frau H. als Vorstandsmitglied geeignet ist. Diese Ernennungsentscheidung wird daher aufgehoben.

Daraus ergibt sich, dass die Ernennung von Vater und Sohn zum Vorsitzenden und zum Vorstandsmitglied nichtig ist und die Ernennung von Frau H. aufgehoben wird. Dies bedeutet, dass die Eigentümergemeinschaft nun tatsächlich keinen Vorsitzenden und keinen Vorstdnsmitglied hat. Die Kläger beantragten daher eine Ersatzbewilligung zur Bestellung von Muneris Vastgoeddiensten als Vorstandsmitglied und von Herrn [Person I] (Direktor des Klägers [Kläger 5] ) als Vorsitzenden.

Grundsätzlich entscheidet die Eigentümerversammlung über die Ernennung des Vorstandsmitglieds und des Vorsitzenden. Wenn die Versammlung dies ohne triftigen Grund verweigert, kann die Zusammenarbeit durch eine Ersatzbevollmächtigung des Amtsgerichts ersetzt werden (Artikel 5:121 des Bürgerlichen Gesetzbuchs).

Die Kläger haben unstreitig behauptet, dass sie in der Versammlung vom 12. Mai 2023 die Ernennung eines externen Vorstandmitglieds vorgeschlagen haben, was die Eigentümergemeinschaft jedoch ablehnte. Die Eigentümergemeinschaft hat sich nicht dazu geäußert, welche vernünftigen Gründe er für dieses Vorgehen hatte. Das Amtsgericht entschied, dass im Gegenteil ein ausreichender Grund für die Bestellung eines externen Vorstandmitglieds vorlag. Diese beiden Verfahren und der Verlauf der Ereignisse haben hinreichend gezeigt, dass die Beziehungen innerhalb der Eigentümergemeinschaft ernsthaft gestört sind. Die Eigentümergemeinschaft und die Kläger können sich nicht einigen und scheinen Entscheidungen nur auf dem Rechtsweg treffen zu können. Außerdem ist die Eigentümergemeinschaft derzeit faktisch unregiert. Unter diesen Umständen sah das Amtsgericht Anlass, den Anträgen stattzugeben.

Wie beantragt, ernannte das Amtsgericht [Person I] (den Geschäftsführer eines der Antragsteller) zum Vorsitzenden. Damit wird auch verhindert, dass sowohl die Stimmenmehrheit als auch der Vorsitz in den Händen desselben Eigentümers/derselben Eigentümer liegen. Wie dieses Verfahren gezeigt hat, trägt dies nicht zur Unterstützung der Entscheidungen und zum Vertrauen aller Mitglieder in der Eigentümergemeinschaft bei. Möglicherweise bringt diese Ernennung die Dinge mehr ins Gleichgewicht.

Fazit
Das Urteil des Amtsgerichts zeigt, dass die Bestellung des Vorstandes einer Eigentümergemeinschaft immer durch die Versammlung erfolgen muss. Die formlose Bestellung eines Vorstands, d.h. ohne Versammlung, ist nichtig.

Möchten Sie mehr wissen oder haben Sie Fragen zu Ihrer Stellung als Wohnungseigentümer? Dann nehmen Sie bitte unverbindlich Kontakt mit einem unserer Anwälte auf. Wir helfen Ihnen gerne weiter!

SPEE advocaten & mediation Maastricht