Risiken nicht nur steuerlicher, sondern auch arbeitsrechtlicher
Die sozialen Medien sind voll davon und alle „zzp-Experten“ fallen übereinander her: Die Finanzbehörden haben den Vollzug des DBA-Gesetzes ab 1. Januar 2025 wieder aufgenommen. Was bedeutet das in der Praxis? Und hat sich ab diesem Datum tatsächlich so viel geändert, wie oft angenommen wird? In diesem Artikel geben wir einen Überblick über die wichtigsten Fragen der Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft.
Neu: Durchsetzung des DBA-Gesetzes durch die Steuerbehörden
Das Gesetz zur Deregulierung der Besteuerung von Arbeitsverhältnissen (DBA-Gesetz) wird ab dem 1. Januar dieses Jahres wieder in vollem Umfang angewandt. Das heißt, die Finanzämter werden auf Scheinselbstständigkeit prüfen. Auftraggeber, die zzp'ler für Arbeiten einstellen, die sie nicht selbständig ausführen, riskieren Bußgelder, Korrekturpflichten und zusätzliche Steuern. Das ist kein Spaß! Achtung: Stellt sich heraus, dass Selbstständige in Wirklichkeit Arbeitnehmer sind, können die Steuerbehörden bis zum 1. Januar dieses Jahres zurückgehen.
Bestehend, aber immer noch gültig: die Deliveroo-Kriterien
Die Steuerdurchsetzung ist also wieder auf dem richtigen Weg. Aber der Bewertungsrahmen, der dabei verwendet wird, existiert schon viel länger und ist der gleiche wie der arbeitsrechtliche Bewertungsrahmen, nämlich: die Kriterien des Obersten Gerichtshofs aus dem Deliveroo-Urteil (der bekannte Heimlieferdienst, der inzwischen aus unserem Land verschwunden ist). Dieses Urteil stammt vom 24. März 2023, ist immer noch gültig und betrifft auch die Steuerdurchsetzung.
Ein Grund mehr, die Auffassung des Obersten Gerichtshofs zu bekräftigen. Wann ist jemand ein „echter“ Selbständiger (mit einem Dienstleistungsvertrag) oder noch ein Arbeitnehmer (mit einem Arbeitsvertrag)? Das Gesetz sieht in Abschnitt 7:610 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vor, dass die folgenden Fragen in diesem Zusammenhang relevant sind:
- Wird die Arbeit ausgeführt?
- Gibt es eine Vergütung?
- Gibt es eine (Arbeitgeber-)Behörde?
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Da sowohl Selbstständige als auch Arbeitnehmer Arbeit verrichten und dafür eine Vergütung erhalten, ist der dritte Punkt entscheidend: das Kriterium der Befugnis. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs müssen alle Umstände des Falles zusammen betrachtet werden, um festzustellen, ob ein Auftrag oder ein Arbeitsvertrag vorliegt. Um dieses - doch etwas vage - Kriterium zu färben, hat der Oberste Gerichtshof 9 Gesichtspunkte formuliert:
- Die Art und Dauer der Arbeit
- Wie werden die Arbeit und die Arbeitszeiten festgelegt?
- In wieweit sind die Aktivitäten und der Auftragnehmer Teil der Organisation des Auftraggebers und somit „eingebettet“?
- Besteht die Verpflichtung, die Arbeiten persönlich auszuführen, oder kann der Auftragnehmer ersetzt werden?
- Wie wurden die Vereinbarungen getroffen?
- Auf welche Weise wird die Belohnung bestimmt?
- Wie hoch ist die Vergütung (auch im Vergleich zu Angestellten)?
- In welchem Umfang ist der Auftragnehmer einem wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt?
- In wieweit verhält sich der Auftragnehmer als Unternehmer oder kann er dies tun?
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Es findet also eine Gesamtbeurteilung statt, die auf diesen Gesichtspunkten beruht. Nochmals: So werden auch die Steuerbehörden prüfen. Das Risiko für den Auftraggeber ist aber nicht nur steuerlicher Natur: Wenn ein Selbständiger aufgrund von „Deliveroo“ noch als Arbeitnehmer angesehen werden kann, kann er auch Ansprüche gegenüber dem Auftraggeber geltend machen. Schließlich hat der Scheinselbstständige dann (rückwirkend) alle Rechte und Pflichten eines Arbeitnehmers. Also auch Gehalt, Krankengeld, Urlaub, Urlaubsgeld, Rente, Prämienzahlungen und so weiter! Das kann bis zu fünf Jahre zurückreichen.
In Kürze: Sowohl der arbeitsrechtliche als auch der steuerliche Beurteilungsrahmen basieren auf dem Deliveroo-Urteil. Aber die arbeitsrechtlichen Konsequenzen können potenziell viel weitreichender sein als die steuerlichen Konsequenzen. Möglicherweise machen sich nicht alle Kunden darüber genügend Gedanken.
Zukunft: Gesetz VBAR
Da die allgemeine Tendenz des niederländischen Gesetzgebers dahin geht, die Selbständigkeit weniger attraktiv zu machen, wird derzeit ein Vorschlag für ein VBAR-Gesetz (Verduidelijking beoordeling arbeidsrelaties en rechtsvermoeden) ausgearbeitet. Dieses Gesetz soll das DBA-Gesetz ersetzen. Das VBAR-Gesetz bietet einen Beurteilungsrahmen, der die Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern und Selbstständigen klären und die Scheinselbstständigkeit verringern soll. Das VBAR-Gesetz wird sich auch stark auf die bereits bestehende Rechtsprechung stützen, einschließlich „Deliveroo“.
Schlussfolgerung
Da die Deliveroo-Kriterien seit fast zwei Jahren in Kraft sind, wird sich bis zum 1. Januar 2025 nicht so viel ändern, wie derzeit behauptet wird. Schließlich können Selbstständige, die in Wirklichkeit Arbeitnehmer sind, schon jetzt die notwendigen Rechte einfordern! Jetzt kommt noch die Steuerkontrolle hinzu. Ein Grund mehr - sowohl als Selbständiger als auch als Auftraggeber - die Praxis genau unter die Lupe zu nehmen. Was zwischen den Parteien auf dem Papier steht, ist nicht entscheidend, aber es kann helfen. Möchten auch Sie Ihre Arbeitsmethoden unter die Lupe nehmen und einen Risiko-Scan durchführen lassen? SPEE advocaten & mediation hilft Ihnen dabei gerne.