Die tatsächliche Ausführung ist entscheidend
In Arbeitsverhältnissen ist die Unterscheidung zwischen Selbstständigkeit und Arbeitnehmerstatus von wesentlicher Bedeutung, insbesondere aufgrund der damit verbundenen unterschiedlichen Rechte und Pflichten. Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts unterstreicht erneut, dass nicht der formelle Vertrag, sondern dessen tatsächliche Ausführung für die rechtliche Einordnung des Arbeitsverhältnisses maßgeblich ist. In diesem Artikel erläutern wir dieses Urteil und zeigen auf, welche Folgen es für Sie haben kann.
Was war der Sachverhalt?
Eine Frau war für PureCE tätig, ein Unternehmen, das im Bereich medizinische Hilfsmittel tätig ist. Zunächst war sie über eine Zeitarbeitsfirma beschäftigt. Im Oktober 2022 schlossen die Parteien einen Managementvertrag und die Frau wurde als geschäftsführende Gesellschafterin eingetragen. Obwohl dies formal den Eindruck einer selbständigen Tätigkeit erweckte, stellte sich in der Praxis etwas anderes heraus. Die Frau war faktisch die einzige Mitarbeiterin und arbeitete unter der direkten Leitung von PureCE. Als PureCE sich aufgrund finanzieller Schwierigkeiten gezwungen sah, die Vergütung für ihre Arbeit erheblich zu kürzen, stimmte die Frau unter Druck einem neuen Managementvertrag zu. Kurz darauf wurde ihr ohne schriftliche Bestätigung mitgeteilt, dass der Vertrag zum 31. Januar 2025 beendet werde.
Die Frau wandte sich an das Amtsgericht und machte geltend, dass sie auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags tätig sei. Sie argumentierte, dass sie in Vollzeit für PureCE arbeite, dabei kein unternehmerisches Risiko trage und vollständig der Weisungsbefugnis von PureCE unterliege. Sie habe nämlich klare Anweisungen erhalten, und die Höhe der Vergütung für die Tätigkeiten werde von PureCE festgelegt. Diese Vergütung werde zudem bei Krankheit und Urlaub weitergezahlt.
PureCE bestritt diesen Standpunkt und machte geltend, dass es sich um eine selbständige Tätigkeit handele, da die Frau über ihr Einzelunternehmen tätig sei. Außerdem sei sie zur gesetzlichen Geschäftsführerin bestellt worden und habe selbst die Kontrolle über die Ausgestaltung ihrer Tätigkeit gehabt. Nach Ansicht von PureCE bestand kein Weisungsgehör und die Vergütung sei auf der Grundlage eines festen Tarifs gezahlt worden.
Wie hat das Amtsgericht entschieden?
Das Amtsgericht entschied, dass bei der Qualifizierung des Arbeitsverhältnisses von der tatsächlichen Ausführung des Vertrags auszugehen ist. Dabei sind nicht nur die Formulierungen im Vertrag von Bedeutung, sondern vor allem die Art und Weise, wie die Parteien den Vertrag tatsächlich ausgestaltet haben. Der Richter kam zu dem Schluss, dass es sich um persönliche Arbeit, Lohn und Weisungsbefugnis handelte. Damit sind die drei Voraussetzungen für einen Arbeitsvertrag im Sinne von Artikel 7:610 BW erfüllt.
Die Frau arbeitete nämlich ausschließlich für PureCE. Sie wurde dabei von PureCE angeleitet und trug kein unternehmerisches Risiko. Auch die Tatsache, dass der Lohn während Krankheit und Urlaub weitergezahlt wurde, deutet auf das Bestehen eines Arbeitsvertrags hin.
Die Kündigung des (Arbeits-)Vertrags durch PureCE entsprach daher nicht den gesetzlichen Anforderungen, da keine Genehmigung der Arbeitsagentur (UWV) für eine Kündigung aus betriebswirtschaftlichen Gründen vorlag und die Frau der Beendigung des Vertrags nicht zugestimmt hatte. Darüber hinaus war der von der Gesellschafterversammlung gefasste Entlassungsbeschluss ungültig. Die Kündigung ist daher nicht rechtswirksam. Der Amtsrichter verurteilte PureCE zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung, einer Übergangsentschädigung und der Prozesskosten.
Das Urteil können Sie hier.lesen.
Fazit
Dieses Urteil bestätigt erneut, dass die tatsächliche Ausgestaltung eines Arbeitsverhältnisses schwerer wiegt als das, was die Parteien auf dem Papier festgehalten haben. Auch wenn jemand formal als satzungsmäßiger Geschäftsführer auftritt und Tätigkeiten über ein Einzelunternehmen ausübt, kann rechtlich gesehen ein Arbeitsvertrag vorliegen. Ausschlaggebend sind die Anforderungen Arbeit, Lohn und Weisungsbefugnis gemäß Artikel 7:610 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches (BW). Sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer ist es daher von entscheidender Bedeutung, die tatsächliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses kritisch zu prüfen.
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