Am 21. Februar fällte der Oberste Gerichtshof ein wichtiges Urteil in der Rechtssache zwischen der Gewerkschaft FNV und dem Taxiunternehmen Uber. In dem Fall ging es um die Frage, ob Uber-Taxifahrer als selbständige Unternehmer oder als Arbeitnehmer einzustufen sind. Das Urteil hat nicht nur Auswirkungen auf Uber und die Plattformökonomie, sondern berührt auch die breitere Diskussion über Arbeitsrecht und Scheinselbstständigkeit, die wir in früheren Blogs erörtert haben.
Der Fall in Kürze
In dem Fall argumentierte FNV kurz und bündig, dass die Taxifahrer auf der Grundlage von Arbeitsverträgen arbeiteten, die Uber zur Einhaltung des CAO Taxi Transport verpflichteten. Uber hingegen argumentierte, dass die Taxifahrer als selbständige Unternehmer zu betrachten seien. Das Amtsgericht Amsterdam entschied im Jahr 2021 zugunsten von FNV. Uber legte dagegen Berufung ein. Das Amsterdamer Berufungsgericht legte dem Obersten Gerichtshof in diesem Verfahren Vorfragen vor. Die Schlüsselfrage betraf die Frage, welche Rolle die Unternehmereigenschaft bei der Beurteilung des Vorliegens eines Arbeitsvertrags spielt. Der Oberste Gerichtshof formulierte einen wichtigen neuen Grundsatz über die Rangfolge der Gesichtspunkte, die bei dieser Beurteilung eine Rolle spielen. Diese (neun) Gesichtspunkte hatte der Oberste Gerichtshof bereits im Deliveroo-Urteil dargelegt.
Keine feste Rangfolge: alle Umstände des Falles zählen
Bisher wurden bei der Beurteilung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, die in Abschnitt 7:610 des niederländische Bürgerliches Gesetzbuchgenannten Kriterien herangezogen, und zwar:.
- Die Verpflichtung zur persönlichen Arbeitsleistung;
- Die Zahlung des Lohns durch den Arbeitgeber;
- Das Bestehen eines Autoritätsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
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Diese Kriterien sind zwar nach wie vor führend, aber der Oberste Gerichtshof hat klargestellt, dass es keine feste Rangfolge zwischen den verschiedenen Umständen gibt, die bestimmen, ob ein Arbeitsverhältnis als Arbeitsvertrag zu qualifizieren ist. Das bedeutet, dass alle Faktoren im Verhältnis zueinander bewertet werden müssen, ohne dass es eine bestimmte Rangfolge gibt.
Der Oberste Gerichtshof betonte in der Rechtssache Uber, dass:.
- Unternehmertum kann bei der Beurteilung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ein relevanter Faktor sein, ist aber nicht entscheidend. Die bloße Tatsache, dass sich jemand als Selbständiger ausgibt, bei einer Handelskammer eingetragen ist oder in seine Arbeit investiert, bedeutet nicht automatisch, dass kein Arbeitsvertrag vorliegt.
- Zwei Arbeiter in einer ähnlichen Position können unterschiedlich qualifiziert sein. Das bedeutet, dass ein Uber-Fahrer als Selbständiger eingestuft werden kann, während ein anderer Uber-Fahrer unter einen Arbeitsvertrag fällt, je nach den tatsächlichen Gegebenheiten.
- Die wirtschaftliche Realität und die tatsächliche Ausführung der Arbeit bleiben entscheidend. Die Vertragsform ist nicht entscheidend, es kommt darauf an, wie das Arbeitsverhältnis in der Praxis funktioniert.
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Das vollständige Urteil können Sie hier nachlesen.
Was bedeutet dieses Urteil für die Praxis?
Das Urteil hat weitreichende Folgen, sowohl für Uber als auch für andere Plattformunternehmen und Arbeitgeber, die mit Selbstständigen arbeiten, etwa im Kultur-, Bau- und Gesundheitssektor..
- Mehr Raum für individuelle Gestaltung, aber auch mehr Unsicherheit
Da es nun keine feste Rangfolge mehr gibt, müssen die Umstände von Fall zu Fall sorgfältig geprüft werden. Dies bietet Raum für Anpassungen, kann aber auch zu Unsicherheiten führen: Arbeiter und Arbeitgeber wissen im Voraus weniger genau, wie ihr Arbeitsverhältnis rechtlich einzuordnen ist. - Mögliche Auswirkungen auf Gesetzgebung und Durchsetzung
Nachdem der Oberste Gerichtshof die Hierarchie der Kriterien aufgegeben hat, könnte sich die Durchsetzung durch Einrichtungen wie die Steuerverwaltung und die SZW-Inspektion ändern. Darüber hinaus könnte das Urteil zu Änderungen in der Gesetzgebung führen, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem DBA-Gesetz und künftigen zzp-Regelungen. - Mehr Risiken für Arbeitgeber und Plattformunternehmen
Da es keinen eindeutigen Rahmen gibt, besteht für Unternehmen ein größeres Risiko zusätzlicher Abgaben, Bußgelder und Forderungen, wenn sich später herausstellt, dass Arbeiter fälschlicherweise als Selbständige eingestuft wurden. Für Unternehmen ist es daher von entscheidender Bedeutung, sich bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen gründlich rechtlich beraten zu lassen.
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Was können Unternehmen und Arbeitnehmer tun?
Sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeiter ist es wichtig, sorgfältig zu analysieren, wie ihr Arbeitsverhältnis gestaltet ist und wie es in der Praxis funktioniert. Da es keine feste Rangfolge bei der Beurteilung gibt, ist ein maßgeschneiderter Ansatz erforderlich.
Wir von SPEE advocaten & mediation beraten Sie gerne über die Auswirkungen dieses Urteils. Unsere Arbeitsrechtsexperten können Ihnen helfen, sich in dieser komplexen Angelegenheit zurechtzufinden und fundierte Entscheidungen zu treffen.