18 Juni 2025 Arbeitsbedingungen beim Betriebsübergang: wann darf ein Arbeitgeber Lohnstrukturen anpassen?

Bei einem Betriebsübergang, etwa im Falle einer Fusion oder Übernahme, gehen die Arbeitsverhältnisse gemäß Artikel 7:663 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs automatisch auf den neuen Arbeitgeber über. Die bestehenden Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverträgen bleiben, mit wenigen Ausnahmen, unverändert bestehen. Doch was ist, wenn die Arbeitnehmer des übernommenen Unternehmens ein höheres Gehalt beziehen als vergleichbare Mitarbeiter beim übernehmenden Betrieb? Darf der neue Arbeitgeber diesen Unterschied mit einer zeitlich befristeten Zulage ausgleichen, die später schrittweise abgeschmolzen wird? Mit dieser Frage befasste sich das Arbeitsgericht Limburg. In diesem Beitrag erläutern wir die Bedeutung dieses Urteils für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Was war der Sachverhalt?

Zwischen 1981 und 1993 traten vier Arbeitnehmer (Kläger im vorliegenden Verfahren) in ein Arbeitsverhältnis mit dem Rechtsvorgänger der Volta Limburg B.V. (nachfolgend „Volta“) ein. In den Jahren 1996 und 1999 übernahm Volta die Betriebe, in denen diese Mitarbeiter beschäftigt waren. Im Rahmen des Betriebsübergangs wurden die Arbeitnehmer in Positionen eingruppiert, die mit einem geringeren Gehalt als zuvor verbunden waren. Zur Kompensation gewährte Volta ihnen eine persönliche Zulage, sodass das Gesamteinkommen unverändert blieb.

Über viele Jahre hinweg erhielten die Mitarbeiter jährliche Gehaltserhöhungen auf Grundlage des Tarifvertrags – sowohl auf das Grundgehalt als auch auf die Zulage. Im Jahr 2022 entschied sich Volta jedoch für eine Umstrukturierung des Lohnstruktur. Die Gehälter der betroffenen Arbeitnehmer wurden „eingefroren“ und die persönlichen Zulagen sollten künftig schrittweise reduziert werden. Lediglich das Grundgehalt sollte weiterhin tariflich angepasst werden, bis die jeweilige Endstufe der Gehaltsskala erreicht sei. Nach Auffassung von Volta war diese Maßnahme erforderlich, um eine Lohngleichheit innerhalb des Unternehmens herzustellen. Die Arbeitnehmer waren mit dieser Maßnahme nicht einverstanden und erhoben Klage.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht stellte fest, dass Volta das Entgelt der Kläger in ein fixes Grundgehalt und eine schrittweise abzubauende persönliche Zulage aufgespalten hatte. Damit hatte Volta unzulässig in die Lohnstruktur eingegriffen, was gegen zwingendes Recht beim Betriebsübergang verstößt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, insbesondere den Urteilen Watson Rask und Daddy’s Dance Hall, ist eine Änderung der Lohnstruktur unzulässig, selbst wenn die Gesamthöhe des Entgelts zunächst gleich bleibt.

Das Gericht urteilte darüber hinaus, dass nicht nur die Lohnstruktur verändert, sondern auch die Arbeitsbedingungen verschlechtert wurden. Der Abbau der Zulage hätte nämlich nicht stattgefunden, wenn die Arbeitnehmer beim ursprünglichen Arbeitgeber verblieben wären. Solche Verschlechterungen sind unzulässig, sofern sie im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang stehen.

Dürfen Arbeitsbedingungen beim Betriebsübergang niemals angepasst werden?

Grundsätzlich ist eine Änderung von Arbeitsbedingungen unter bestimmten Voraussetzungen möglich, sofern eine rechtliche Grundlage besteht. Im niederländischen Recht kann dies durch eine einseitige Änderungsbefugnis gemäß Artikel 7:613 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs oder auf Grundlage des Grundsatzes der guten Arbeitnehmerschaft gemäß Artikel 7:611 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgen. Entscheidend ist jedoch, dass die Änderung nicht im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang steht. Besteht ein solcher Zusammenhang, ist die Änderung wegen Verstoßes gegen zwingendes Recht unzulässig.

Im vorliegenden Fall fehlte es sowohl an einer einseitigen Änderungsbefugnis als auch an einer Änderung, die sich aus dem Gebot guter Arbeitnehmerschaft hätte rechtfertigen lassen. Da die Maßnahme unmittelbar mit der Übernahme zusammenhing, stellte das Gericht fest, dass sie gegen den gesetzlichen Arbeitnehmerschutz verstieß.

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass das Gehalt der Arbeitnehmer vollständig tariflich indexiert werden muss, sowohl das feste Gehalt als auch die Zulage. Volta wurde verpflichtet, die zu wenig gezahlten Beträge rückwirkend an die Arbeitnehmer auszuzahlen.

Lesen Sie das vollständige Urteil hier.

Fazit

Diese Entscheidung zeigt deutlich, dass Arbeitgeber bei der Anpassung von Arbeitsbedingungen im Zuge eines Betriebsübergangs mit größter Sorgfalt vorgehen müssen. Eine Angleichung oder Änderung von Vergütungsregelungen ist nur unter engen rechtlichen Voraussetzungen zulässig und darf keinesfalls gegen den gesetzlichen Schutz von Arbeitnehmern verstoßen. Juristischer Rat ist bei solch weitreichenden Änderungen daher dringend zu empfehlen.

Für Arbeitnehmer ist es wichtig, ihre Rechte beim Betriebsübergang zu kennen und auf etwaige Änderungen zu achten, die möglicherweise rechtswidrig sind.

Möchten Sie mehr über die Anpassung von Arbeitsbedingungen beim Betriebsübergang erfahren? Oder haben Sie andere Fragen im Arbeits- oder Gesellschaftsrecht? Die Fachanwälte von SPEE advocaten & mediation stehen Ihnen gerne beratend zur Seite.

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