Die Gesellschaftervereinbarung ist – neben der Satzung – das zentrale Dokument zur Regelung der rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern. In GmbH enthalten solche Vereinbarungen regelmäßig Bestimmungen, die den geschlossenen Charakter der Gesellschaft wahren sollen. Diese Klauseln können jedoch auch zu Streitigkeiten führen. Im Folgenden erfahren Sie mehr:
Was sind Permitted-Transfer-Klauseln?
Gesellschaftervereinbarungen enthalten häufig strenge Regelungen zur Übertragung von Anteilen, um die Stabilität der Gesellschaft sicherzustellen und zu verhindern, dass Anteile ohne Weiteres an Dritte veräußert werden können. In bestimmten Fällen kann es jedoch wünschenswert sein, einem Gesellschafter eine freie Übertragung seiner Anteile – etwa an eine Tochtergesellschaft – zu ermöglichen, ohne dabei Verpflichtungen gegenüber den übrigen Gesellschaftern auszulösen. Hierfür bietet die sogenannte Permitted-Transfer-Klausel eine Lösung. Ist eine solche Klausel jedoch zu weit gefasst oder unklar formuliert, besteht das Risiko von Auslegungskonflikten. Eine aktuelle Entscheidung des Bezirksgerichts Den Haag zeigt, wie wichtig eine präzise Ausgestaltung dieser Klauseln ist.
Der Fall in Kürze
Ein Investor erwirbt im Juni 2022 30 % der Anteile an einer Gesellschaft für einen Kaufpreis von 1.000.000 EUR. Die übrigen 70 % der Anteile hält der Gründer der Gesellschaft. In der Folge findet eine interne Umstrukturierung innerhalb der Unternehmensgruppe des Investors statt. Der Investor überträgt daraufhin – mit Zustimmung des Gründers – seine Anteile an eine 100% Tochtergesellschaft. Die Zustimmung wird unter der Bedingung erteilt, dass der Investor die tatsächliche Kontrolle über die Anteile behält. Diese Vereinbarung wird in einer Permitted-Transfer-Klausel festgehalten.
Die Tochtergesellschaft überträgt die Anteile später auf eine vom Investor gegründete Genossenschaft. Diese wird sowohl vom Investor als auch von einer dritten Person verwaltet. Die dritte Person erhält dabei eine Minderheitsbeteiligung an der Gesellschaft des Investors. Nach der Verschmelzung der Tochtergesellschaft mit der Genossenschaft ist der Gründer der Ansicht, dass dadurch ein Kontrollwechsel eingetreten ist. Er beruft sich auf die Ausnahme von der Permitted-Transfer-Klausel und macht geltend, dass ein Angebotspflicht hätte ausgelöst werden müssen – die Anteile hätten also zunächst dem Gründer angeboten werden müssen. Daraufhin klagt der Gründer.
Entscheidung des Gerichts
Das Amtsgericht Den Haag entschied, dass die Übertragung der Anteile an die Genossenschaft unter den Anwendungsbereich der vereinbarten Permitted-Transfer-Klausel fiel. Entscheidendes Kriterium war, dass die Übertragung innerhalb des Konzerns des Investors erfolgte und die Klausel weit gefasst war. Es wurde ausdrücklich geregelt, dass Übertragungen an „jede Einheit innerhalb des Gesellschafterkonzerns“ zulässig seien und solche Übertragungen nicht zu einem Angebotspflicht führen würden.
Dass ein Dritter innerhalb der Genossenschaft eine Minderheitsbeteiligung erhielt, änderte aus Sicht des Gerichts nichts an der Anwendbarkeit der Permitted-Transfer-Klausel. Ausschlaggebend war vielmehr, dass die tatsächliche Kontrolle weiterhin beim ursprünglichen Investor verblieb – wie vertraglich vereinbart und faktisch umgesetzt.
Das Gericht machte damit deutlich, dass das wirtschaftliche Interesse und die faktische Kontrolle schwerer wiegen als die rechtliche Struktur oder die Beteiligung eines Dritten mit geringem Anteil.
Das vollständige Urteil können Sie hier lesen.
Was bedeutet das für die Praxis?
Das Urteil zeigt, wie wichtig eine präzise und sorgfältige Formulierung von Permitted-Transfer-Klauseln ist. Folgende Aspekte sollten dabei beachtet werden:
- Klare und eindeutige Formulierungen verwenden: Unbestimmte Begriffe wie „Konzernunternehmen“ oder „Kontrollverbleib“ bieten Raum für Interpretationen. Schlüsselbegriffe wie „Kontrolle“, „Tochtergesellschaft“ und „wirtschaftliches Eigentum“ sollten klar definiert werden.
- Vorsicht bei der Einbindung Dritter: Die Beteiligung Dritter an einem Konzernunternehmen (wie hier an der Genossenschaft) kann zu Streitigkeiten über den Übergang der Kontrolle führen. Es empfiehlt sich, ergänzende Bedingungen aufzunehmen, um dies zu vermeiden.
- Grenzen klar festlegen: Legen Sie genau fest, in welchen Fällen eine Permitted Transfer zulässig ist und wann die in der Satzung und Gesellschaftervereinbarung geregelte Pflicht zur Anteilsveräußerung (Angebotsrecht) weiterhin gilt. Erwägen Sie etwa die Festlegung eines Höchstanteils für indirekte Drittbeteiligungen oder schließen Sie bestimmte Rechtsformen (z. B. Genossenschaften oder Trusts) explizit aus oder knüpfen sie an Bedingungen.
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Fazit
Permitted-Transfer-Klauseln bieten Gesellschaftern und Unternehmen Flexibilität, bergen jedoch bei unklarer Formulierung erhebliches Streitpotenzial. Der Fall vor dem Bezirksgericht Den Haag unterstreicht die Bedeutung klarer Regelungen darüber, welche Transaktionen unter die Klausel fallen und wann von einem Kontrollwechsel auszugehen ist.
Benötigen Sie eine Prüfung Ihrer Gesellschaftervereinbarung oder haben Sie Fragen zu einer Permitted-Transfer-Klausel? Unsere spezialisierten Anwälte stehen Ihnen gerne zur Verfügung.