Seit der Einführung des Gesetzes „Wet Werk en Zekerheid” (Gesetz über Arbeit und Sicherheit) im Jahr 2015 gilt in den Niederlanden eine gesetzliche Kündigungsfrist für befristete Arbeitsverträge mit einer Laufzeit von sechs Monaten oder länger. Diese Verpflichtung soll Arbeitnehmern rechtzeitig Klarheit über eine mögliche Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses verschaffen. Zehn Jahre Praxiserfahrung und Rechtsprechung zeigen jedoch, dass diese scheinbar einfache Verpflichtung regelmäßig zu Diskussionen und Gerichtsverfahren führt. Wir möchten Ihnen die relevanten Entwicklungen und Punkte übersichtlich zusammenfassen.
Die gesetzliche Verpflichtung
Die Kündigungspflicht bedeutet, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor Ablauf des befristeten Vertrags schriftlich darüber informieren muss, ob der Arbeitsvertrag verlängert wird und, falls ja, zu welchen Bedingungen. Geschieht dies nicht oder nicht rechtzeitig, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Kündigungsentschädigung. Diese Entschädigung entspricht dem Teil des Monats, mit dem der Arbeitgeber in Verzug ist. Die Verpflichtung scheint einfach zu sein, aber die Anwendung in der Praxis erweist sich als wesentlich komplexer.
Schriftform
Die Schriftform wird von der Rechtsprechung streng angewendet. Ein mündliches Gespräch reicht niemals aus. Digitale Mittel wie E-Mails oder Nachrichten über Messaging-Apps können die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, sofern nachträglich objektiv feststeht, dass der Arbeitnehmer den Inhalt tatsächlich erhalten hat. Die Richter prüfen dabei sorgfältig, ob es sich um eine klare, nachvollziehbare und zuordenbare Mitteilung handelt. Die Schriftform ist somit streng, aber nicht an eine bestimmte Form gebunden. Die Kernfrage bleibt immer, ob ein Empfangsnachweis erbracht werden kann.
Der Inhalt der Kündigung muss eindeutig sein
Die Richter stellen hohe Anforderungen an die Klarheit des Inhalts. Eine Kündigung muss dem Arbeitnehmer ohne Vorbehalt klar machen, dass der Arbeitsvertrag endet oder fortgesetzt wird. Formulierungen, die Raum für Unsicherheit lassen, sind nicht ausreichend. Auch wenn ein Arbeitgeber angibt, dass noch über die Bedingungen nachgedacht wird, wird die Kündigung als unzureichend angesehen. Die Rechtsprechung betont, dass der Arbeitnehmer wissen muss, woran er ist, damit er sich rechtzeitig auf das Ende des Arbeitsverhältnisses vorbereiten kann.
Aufnahme einer Kündigungsklausel in den Arbeitsvertrag
In befristeten Arbeitsverträgen wird regelmäßig eine Standardklausel aufgenommen, die besagt, dass der Vertrag von Rechts wegen endet und nicht verlängert wird. Obwohl dieser Ansatz mittlerweile weit verbreitet ist, geht aus der Rechtsprechung hervor, dass dies nicht ohne Weiteres und in allen Fällen als Kündigung im Sinne des Gesetzes gilt. Eine Klausel zu Beginn des Arbeitsverhältnisses wird nicht immer als aktuelle Mitteilung darüber angesehen, ob der Vertrag am Ende verlängert wird oder nicht. Richter verlangen in der Regel, dass der Arbeitnehmer zum richtigen Zeitpunkt, nämlich kurz vor Ablauf des Vertrags, tatsächlich informiert wird. Eine vertragliche Passage im Arbeitsvertrag kann daher unter Umständen unzureichend sein, insbesondere wenn sie vage formuliert ist.
Weiterarbeiten ändert nichts an der Verpflichtung
Selbst wenn ein Arbeitnehmer nach dem Enddatum weiterarbeitet oder wenn doch noch ein Folgevertrag angeboten wird, bleibt die Mitteilungspflicht eine eigenständige Verpflichtung. Die Verpflichtung ist nicht an das tatsächliche Ende des Arbeitsverhältnisses geknüpft, sondern an das Fehlen einer rechtzeitigen Klarheit gegenüber dem Arbeitnehmer. Die Rechtsprechung knüpft die Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung daher unabhängig von der Frage, ob der Arbeitsvertrag letztendlich fortgesetzt wird oder nicht.
Milderung der Kündigungsentschädigung
Obwohl der Richter rechtlich befugt ist, die Kündigungsentschädigung zu mildern, geschieht dies in der Praxis selten. Die Rechtsprechung betont, dass es sich um eine formelle Verpflichtung handelt, die einem wesentlichen Zweck dient. Selbst geringfügige Fristüberschreitungen, beispielsweise von einem Tag, führen in der Regel zur Gewährung der vollen Entschädigung. Nur in Ausnahmefällen wird eine Mäßigung angewendet, beispielsweise wenn der Arbeitnehmer keinen Nachteil erlitten hat und die Umstände offensichtlich außergewöhnlich sind. Diese Situationen stellen jedoch eine Ausnahme von der Regel dar.
Warum bleibt die Kündigungsfrist oft problematisch?
Zehn Jahre Rechtsprechung zeigen, dass die Kündigungspflicht vor allem deshalb Probleme bereitet, weil die Regelung sehr formal ist, die Fehlerquote gering und die Sanktionen hoch sind. Kleine administrative Fehler führen schnell zu einer erheblichen finanziellen Verpflichtung. Darüber hinaus gibt es nach wie vor Grauzonen, beispielsweise bei der digitalen Kommunikation, der Nachfolgearbeitgeberschaft und den Unterschieden zwischen den angekündigten und den letztendlich angebotenen Vertragsbedingungen.
Was lehrt die Rechtsprechung bisher Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
Für Arbeitgeber ist es wichtig, die Kündigungspflicht rechtzeitig auf die Tagesordnung zu setzen, schriftlich und nachprüfbar zu kommunizieren und sorgfältig festzuhalten, welche Nachricht zu welchem Zeitpunkt versandt wurde. Für Arbeitnehmer bietet die zehnjährige Rechtsprechung vor allem viel Klarheit. Wer nicht oder zu spät informiert wird, kann grundsätzlich Anspruch auf die Kündigungsentschädigung geltend machen, unabhängig von den weiteren Entwicklungen im Arbeitsverhältnis.
Haben Sie Fragen zur Ankündigungspflicht?
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