19 Sep. 2025 Darf ein Rentner seine Mietwohnung leer stehen lassen?

Eine Wohnungsbaugesellschaft wollte den Mietvertrag mit einem Rentner kündigen. Der Mieter hielt sich nämlich den größten Teil des Jahres in einem Ferienpark auf oder war auf Reisen. Nach Ansicht der Gesellschaft hatte er daher seinen Hauptwohnsitz nicht mehr in der gemieteten Wohnung. Verlor der Mieter sein Recht auf die Wohnung?

Was war der Sachverhalt?

Ein Mieter mietete seit 2003 eine Wohnung von einer Wohnungsbaugesellschaft. Im Mietvertrag war unter anderem folgende Verpflichtung des Mieters festgelegt: „Der Mieter wird die gemietete Wohnung während der Mietdauer selbst bewohnen und dort seinen Hauptwohnsitz haben."

Aufgrund verschiedener Hinweise, dass der Mieter in einem Freizeitpark wohnte und seine Mietwohnung nur als Postadresse nutzte, forderte die Wohnungsbaugesellschaft den Mieter per Einschreiben auf, den Mietvertrag selbst zu kündigen. Dem Mieter wurde dabei mitgeteilt, dass die Wohnungsbaugesellschaft beim Amtsgericht die Auflösung des Mietvertrags und die Räumung beantragen würde, wenn er den Mietvertrag nicht kündigen würde, da er entgegen den Bestimmungen des Mietvertrags seinen Hauptwohnsitz nicht in der gemieteten Wohnung hatte.
Der Mieter kündigte den Mietvertrag nicht. Die Wohnungsbaugesellschaft wandte sich daraufhin an das Amtsgericht.

Verfahren vor dem Amtsgericht

Das Amtsgericht wies die Forderungen der Wohnungsbaugesellschaft zurück. Nach Ansicht des Amtsgerichts bedeutete die Tatsache, dass der Mieter den größten Teil des Jahres nicht in der gemieteten Wohnung anwesend war, nicht, dass er dort keinen Hauptwohnsitz hatte. Der Mieter verbrachte die Sommersaison auf dem Campingplatz in seinem Wohnwagen, aber nach Ablauf dieser Saison war es offenbar die Absicht des Mieters, in die Mietwohnung zurückzukehren. Während der Wintersaison hielt sich der Mieter offenbar nur vorübergehend an Adressen in Südeuropa auf, denn auch nach Ablauf dieser Zeit kehrte er jedes Mal in die Mietwohnung zurück.

Standpunkte der Parteien im Berufungsverfahren

Die Wohnungsbaugesellschaft war mit dem Urteil des Amtsrichters nicht einverstanden und legte Berufung ein.

Die Wohnungsbaugesellschaft bestritt, dass der Mieter den Campingplatz in den Wintermonaten verlassen habe und dass es nicht erlaubt sei, sich dort während der Wintermonate aufzuhalten. Sie bestritt ferner, dass der Mieter während einiger Wochen im Jahr in die gemietete Wohnung zurückkehrte, um sie zu einem anderen Zweck als als Postadresse zu nutzen, und machte geltend, dass dieser Zeitraum von einigen Wochen ohnehin zu kurz sei, um sagen zu können, dass die Voraussetzung des Hauptwohnsitzes erfüllt sei. Darüber hinaus hatte die Wohnungsbaugesellschaft Meldungen über Verschmutzung und Vernachlässigung erhalten, es war nie ein Reparaturantrag durch den Mieter gestellt worden, und der Mieter selbst hatte gegenüber einem Wohnberater erklärt, dass er nicht in der Mietwohnung wohne, sondern das ganze Jahr über auf dem Campingplatz wohne und die Wohnung als Postadresse nutze. Auch Nachbarn erklärten, dass der Mieter nie dort war. Nach Ansicht der Wohnungsbaugesellschaft musste ihr Interesse an einer effizienten Verteilungspolitik in Zeiten der Wohnungsnot in jedem Fall Vorrang vor dem möglichen zukünftigen Interesse des Mieters haben, sich für seinen Lebensabend eine Mietwohnung zu sichern.

Der Mieter, der alleinstehend war, machte geltend, dass er in der gemieteten Wohnung immer noch seinen „Hauptwohnsitz” habe. Auch als er noch als Reisebusfahrer arbeitete, war er nur selten in der gemieteten Wohnung anwesend. Er war dann zwei oder drei Tage zu Hause und anschließend wieder zehn oder fünfzehn Tage unterwegs. Seit seiner Pensionierung verbrachte er die Sommersaison gerne in seinem Wohnwagen im Freizeitpark, der mit dem Fahrrad von seiner Wohnung aus erreichbar war. Dort durfte er jedoch nicht dauerhaft wohnen. In den Wintermonaten fuhr er aus kulturellen und klimatischen Gründen mit einem Wohnmobil nach Südeuropa. Dazwischen verbrachte er jeweils vier bis sechs Wochen in seiner Wohnung. Die Wohnung war komplett eingerichtet und er erledigte dort unter anderem seine Verwaltungsangelegenheiten, für die er im Freizeitpark nicht die notwendigen Einrichtungen hatte. Seit Beginn des Mietverhältnisses am 18. Februar 2003 war er unter dieser Adresse im Basisregister Personen der Gemeinde eingetragen. Wenn er im Park war, fuhr er wöchentlich zu seinem Haus, um die Post abzuholen und nach dem Rechten zu sehen.

Der Mieter legte auch den Vertrag mit dem Freizeitpark vor. In diesem Vertrag war festgelegt, dass der Stellplatz und das Campingfahrzeug für den Freizeitaufenthalt bestimmt waren und dass ein dauerhafter Aufenthalt nicht gestattet war. Ebenso wenig war es erlaubt, sich unter der Adresse des Campingfahrzeugs in der kommunalen Basisregistrierung einzutragen. Der Vertrag konnte vom Freizeitpark gekündigt werden, wenn der Mieter diese Verpflichtungen nicht einhielt. Nach Angaben des Mieters hätte er also bei einer Kündigung des Mietvertrags obdachlos werden können. Der Mieter fügte hinzu, dass er angesichts seines Alters in den kommenden Jahren zunehmend auf die Wohnung angewiesen sein würde.

Urteil des Berufungsgerichts

Das Gericht schloss sich der Auffassung des Amtsrichters an, dass aus den tatsächlichen Umständen nichts anderes geschlossen werden könne, als dass der Mieter seinen „Hauptwohnsitz” unverändert in der gemieteten Unterkunft habe: „Der Mieter wohnt dort bereits seit 2003, obwohl er damals aufgrund seiner Tätigkeit als Reisebusfahrer oft abwesend war. Seit einigen Jahren ist er im Ruhestand. In seiner dadurch gewonnene Freizeit hält er sich gerne in seinem Wohnwagen im nahe gelegenen Freizeitpark auf, meist für längere zusammenhängende Zeiträume. Wenn er sich im Park aufhält, kommt der Mieter kaum in die gemietete Wohnung. Er fährt nur mit dem Fahrrad dorthin, um seine Post abzuholen. Der Mieter macht geltend, dass diese Situation für ihn derzeit am besten zu seiner aktuellen Lebensphase passt, in der er mehr Freizeit hat und diese aufgrund seiner guten Gesundheit für zahlreiche Aktivitäten im Freien nutzen möchte und kann, wie z. B. Urlaubsreisen mit seinem Wohnmobil. Aus keiner tatsächlichen Gegebenheit geht hervor, dass der Mieter die Absicht hat oder hatte, die gemietete Wohnung in dieser Phase seines Lebens zu verändern oder seinen Hauptwohnsitz an einen anderen Ort zu verlegen. Sein Aufenthalt im Freizeitpark ist per definitionem immer nur vorübergehend, da ein dauerhafter Aufenthalt gemäß dem vom Mieter vorgelegten Vertrag vom 23. April 2005 nicht zulässig ist. Auch beim Basisregister Personen der Gemeinde ist der Mieter weiterhin unter der Adresse des Mietobjekts gemeldet. Er kommt wöchentlich vorbei, um seine Post abzuholen, und kehrt immer wieder dorthin zurück, wenn er nicht mehr im Freizeitpark wohnen kann oder wenn er mit seinem Wohnmobil unterwegs war. Es ist klar, dass der vom Mieter für diese Phase seines Lebens gewählte Lebensstil, bei dem er viel unterwegs ist und kaum in der gemieteten Wohnung wohnt, nur vorübergehender Natur ist, nämlich so lange, wie es seine Gesundheit zulässt. Mit zunehmendem Alter wird der Mieter seine vorübergehenden Aufenthaltsorte anderswo weniger häufig nutzen (können) und zunehmend auf die Beständigkeit der gemieteten Wohnung angewiesen sein. Für den Mieter ist die gemietete Wohnung also unverändert sein Hauptwohnsitz geblieben, auch wenn er sich in dieser Lebensphase, also vorübergehend, kaum dort aufhält."

Das Berufungsgericht sah keinen Grund, den Mieter im Rahmen seiner erhöhten Begründungspflicht zu verpflichten, nachzuweisen, dass und wie viele Tage hintereinander er sich tatsächlich jährlich in der Mietwohnung aufgehalten hat. Das Gericht erkannte zwar an, dass die Wohnungsbaugesellschaft in Zeiten der Wohnungsknappheit ein großes Interesse an einer effizienten, ausgewogenen und gerechten Verteilungspolitik hat, aber da der Mieter seinen Hauptwohnsitz unverändert in der Mietwohnung beibehalten hatte, kam das Gericht nicht zu einer Interessenabwägung.

Fazit

Die Berufung der Wohnungsbaugesellschaft war somit erfolglos. Der Mietvertrag blieb bestehen und der Mieter konnte nicht zum Auszug gezwungen werden.

Die Auslegung des Begriffs „Hauptwohnsitz” ist also mehr als nur das Zählen von Übernachtungen. Solange eine klare Absicht besteht, immer wieder zurückzukehren, und der Aufenthalt an einem anderen Ort nur vorübergehend ist, bleibt die gemietete Wohnung der Hauptwohnsitz.

Haben Sie einen Konflikt mit Ihrem Mieter oder Vermieter, Fragen zu Ihrer Position oder benötigen Sie Hilfe bei der Festlegung von Vereinbarungen? Dann wenden Sie sich unverbindlich an einen unserer Anwälte. Wir helfen Ihnen gerne weiter!

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