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27 Mai 2024 Schuldhafte Einkommensverluste und die Festlegung des (Kinder-)Unterhalts, was ist damit?

Bei der Festlegung des Kindesunterhalts ist die Bestimmung der Tragfähigkeit der Eltern ein wichtiger Bestandteil. Die Tragfähigkeit ist der Betrag, den der Unterhaltszahler monatlich aufbringen kann, wobei zu berücksichtigen ist, dass er auch weiterhin für sich selbst sorgen kann. Der Unterhaltspflichtige ist verpflichtet, sich zu bemühen, ein solches Einkommen zu erzielen, dass er die Unterhaltspflicht erfüllen kann. Liegt ein schuldhafter Einkommensverlust vor, kann das Gericht dies außer Acht lassen. Angenommen, der Unterhaltspflichtige hat ein Einkommen von 5.000,00 € und entscheidet sich dann für eine Kündigung, dann wird dies als schuldhafter Einkommensverlust gewertet. Das Gericht rechnet dann weiter mit einem Einkommen von 5.000,00 €, um die Zahlungsfähigkeit des Zahlenden zu ermitteln. Stellt das Gericht jedoch fest, dass der Einkommensverlust nicht dem Zahlungspflichtigen angelastet werden kann, berücksichtigt es ein neues, niedrigeres Einkommen.

In einem kürzlich ergangenen Urteil ( 19. April 2023) hat das Amtsgericht Zeeland-West-Brabant ( ECLI:NL:RBZWB:2024:2643) über den Unterhalt für Kinder und Jugendliche entschieden. In dieser Rechtssache ging es um die Frage, inwieweit Einkommensverluste, die durch ein verwerfliches Verhalten eines der unterhaltspflichtigen Elternteile verursacht wurden, zu berücksichtigen sind.

Hintergrund des Falles

Aus der Ehe der Parteien wurden im Jahr 2005 Zwillinge geboren. Im Jahr 2022 trennten sich die Parteien faktisch und befinden sich seither in einem Scheidungsverfahren. Der Ehemann hat inzwischen eine neue Partnerin gefunden. Im Namen der beiden jüngeren Kinder beantragte die Ehefrau bei Gericht, den Beitrag des Ehemannes zu ihren Ausbildungs- und Lebenshaltungskosten zu bestimmen.

Der Streitfall

Der Streit drehte sich um das Einkommen, das bei der Bestimmung der Zahlungsfähigkeit der Frau zu berücksichtigen ist. Der Ehemann vertrat die Auffassung, dass das Bruttojahreseinkommen der Frau, d. h. 56.122 €, als Ausgangspunkt genommen werden sollte. Die Frau gab jedoch an, dass ihr derzeitiges Einkommen aus einem Arbeitslosengeld von 3.253,50 € brutto pro Monat bestehe, nachdem ihr Arbeitsverhältnis bei einer Bank beendet worden war. Grund für diese Kündigung war der unbefugte Zugriff auf die Kontodaten der neuen Partnerin des Ehemanns.

Gerichtliche Erwägungen

Das Gericht stellte fest, dass die Entlassung der Ehefrau bei der Bank die unmittelbare Folge ihres eigenen verwerflichen Verhaltens war. Sie hatte sich ohne geschäftlichen Grund Zugang zu den Kontodaten der neuen Partnerin des Ehemannes verschafft. Damit habe sie gegen den von ihr geleisteten Bankeneid verstoßen. Das Gericht stellte fest, dass die Frau keine plausiblen Gründe vorgebracht habe, die zu einem anderen Schluss als dem führen sollten, dass sie selbst für ihren Einkommensverlust verantwortlich sei.

Da der Einkommensverlust selbst verschuldet war, musste das Gericht prüfen, ob es ihr zumutbar war, ihr früheres Einkommen wiederzuerlangen. Dabei berücksichtigte das Gericht, dass die Frau inzwischen einen Vergleich vom Disziplinargericht für Banken erhalten hatte und dass ihr Name in das Register der Disziplinargerichte für Banken aufgenommen werden würde, was sie ernsthaft daran hindern würde, eine Stelle im Finanzsektor zu finden.

Das Urteil

Das Gericht befand, dass die Einkommensverluste der Frau teilweise erstattungsfähig sind. Die Frau selbst hatte ihre Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass sie in absehbarer Zeit wieder ein Einkommen aus einer Beschäftigung erzielen würde. Unter Berücksichtigung dieser Umstände entschied das Gericht, dass bei der Bestimmung der Tragfähigkeit ein Einkommen von 50.000 € brutto pro Jahr zu berücksichtigen ist.

Schlussfolgerung

Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung des eigenen Verhaltens eines unterhaltspflichtigen Elternteils bei der Beurteilung seiner Unterhaltsfähigkeit. Es zeigt, dass ein verwerfliches Verhalten, das zu Einkommensverlusten führt, nicht einfach zu einer Reduzierung der Unterhaltspflicht führt. Ob und in welchem Umfang Einkommensverluste berücksichtigt werden, hängt immer von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Dies gilt im Übrigen auch für den Ehegattenunterhalt.

Haben Sie Fragen zum Kinder- und Jugendunterhalt oder zum Partnerunterhalt oder sind Sie in einen Unterhaltsstreit verwickelt? Wenden Sie sich an SPEE Rechtsanwälte & Mediation für eine fachkundige rechtliche Beratung und Begleitung. Unsere Anwälte für Familienrecht, Marion van Acker und Angelique van den Eshoff, stehen Ihnen gerne zur Verfügung.

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