In Scheidungssachen kommt es häufig vor, dass eine der Parteien nicht bereit ist, freiwillig an der Veräußerung der ehelichen Wohnung mitzuwirken. Seit langem stellt sich die Frage, ob eine Anordnung zur Mitwirkung am Verkauf der Wohnung in einem Eilverfahren erteilt werden kann. Die Rechtsprechung ist in dieser Frage uneinheitlich. Um dieser Rechtsunsicherheit ein Ende zu setzen, hat Generalanwalt Snijders vor kurzem eine Kassationsklage im Interesse des Gesetzes eingereicht.
Dieser Antrag auf Kassation im Interesse des Gesetzes bezieht sich auf die Frage, ob das Gericht in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Anordnung zur Mitwirkung an der Teilung einer Gemeinschaft oder zur Veräußerung und Herausgabe einer gemeinschaftlichen Sache im Hinblick auf die Teilung der Gemeinschaft, zu der diese Sache gehört, erlassen kann.
Manchmal besteht ein dringendes Interesse an einer solchen Anordnung, z. B. wenn sich die Parteien, die eine Beziehung hatten, getrennt haben, die gemeinsame Wohnung für sie unerschwinglich geworden ist, aber einer von ihnen nicht an einem Verkauf mitwirken will.
Kann in solchen Fällen eine einstweilige Verfügung anstelle eines langwierigen Verfahrens in der Hauptsache das notwendige Ergebnis bringen?
Verkaufsverfügung nicht möglich
In seinem Urteil vom 13. November 2018 hat das Berufungsgericht Den Haag entschieden, dass eine Anordnung zum Verkauf und zur Übergabe einer Wohnung, die einer Gemeinschaft gehört, eine Teilungshandlung oder eine Art der Aufteilung im Sinne von Artikel 3:185 des Zivilgesetzbuchs ist, die nicht als Verfügung in einem Eilverfahren erlassen werden kann. In einem Urteil vom 26. November 2019 bekräftigte das Gericht diese Auffassung.
Das Berufungsgericht von Den Bosch scheint dieser Linie zu folgen. In einem Urteil vom 7. September 2021 entschied dieses Berufungsgericht, dass Ansprüche auf Mitwirkung an der Teilung einer Gütergemeinschaft und an der Veräußerung und Übergabe einer dazugehörigen Wohnung auf Artikel 3:185 des Bürgerlichen Gesetzbuchs beruhen und nicht als Anordnung des einstweiligen Rechtsschutzes angesehen werden können. Ein Urteil dieses Gerichts vom 9. November 2021 enthält eine ähnliche Entscheidung.
Anordnung zum Verkauf möglich
Die Auffassung des Berufungsgerichts Den Haag wurde jedoch vom Berufungsgericht Arnheim-Leeuwarden in einem Urteil vom 15. Juni 2021 ausdrücklich abgelehnt. Diesem Gericht zufolge kann der Richter des vorläufigen Rechtsschutzes immer eine Regelung in Form einer Anordnung gegen eine Partei zugunsten der anderen treffen. Das Gericht wertete eine Anordnung zur Zusammenarbeit bei einem Hausverkauf nicht als Festlegung der Teilung, sondern sieht eine solche Anordnung als Anordnung der Art und Weise der Teilung. Das Berufungsgericht Amsterdam folgte dieser Linie des Berufungsgerichts Arnheim.
Kassation im Interesse des Rechts
In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass die Linie, die sich aus den Urteilen der Berufungsgerichte Den Haag und Den Bosch ergibt, nicht wünschenswert ist. Ein angemessener Rechtsschutz in den Abteilungen setzt voraus, dass die oben genannte Anordnung im Eilverfahren möglich ist. Da die Berufungsgerichte unterschiedliche Wege einschlagen, besteht zudem eine Rechtsvielfalt.
Die Urteile der Gerichte in Den Haag und Den Bosch halten die Parteien davon ab, ein Verfahren der einstweiligen Verfügung einzuleiten. Der Kassationsausschuss wurde daher auf die vorliegende Angelegenheit aufmerksam gemacht, da insbesondere in der familienrechtlichen Praxis häufig ein Bedarf an Klarheit in diesem Punkt besteht.
Das genannte Urteil des Berufungsgerichts Den Haag vom 13. November 2018 wurde daher zur Kassation im Interesse der Rechtsordnung vorgelegt.
Schlussanträge des Generalanwalts
Der Generalanwalt kommt zu dem Schluss, dass eine Anordnung zur Mitwirkung an der Veräußerung einer Immobilie in einem Eilverfahren möglich ist, und empfiehlt, das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben:
"Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen erhebe ich gegen das Urteil des Berufungsgerichts folgende Rüge:
Verstoß gegen das Gesetz, insbesondere gegen Artikel 254 Absatz 1 Rv, 3:182 oder 3:185 des Zivilgesetzbuchs, da das Berufungsgericht in Randnummer 14 zusammenfassend festgestellt hat, dass die Anordnung eines Gesellschafters auf Verlangen eines anderen Gesellschafters, an der Veräußerung eines der Gemeinschaft gehörenden Grundstücks mitzuwirken, eine Teilungshandlung oder eine Art der Verteilung im Sinne von Art. 3:185 des Zivilgesetzbuches ist, die in einem Eilverfahren nicht möglich ist oder die Teilung (ganz oder teilweise) endgültig beendet und daher in einem Eilverfahren nicht möglich ist. Diese Auffassung ist unzutreffend, weil (i) eine solche Anordnung in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren möglich ist, da in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren immer eine Anordnung ergehen kann, also auch zur Mitwirkung an der Teilung einer Gemeinschaft (des Vermögens), (ii) die Art und Weise der Teilung im Sinne von Art. 3:185 ZGB im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes festgelegt werden kann, jedenfalls als Teil einer im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zu erlassenden Anordnung, und (iii) die Anordnung, an der Veräußerung von zu einer Gütergemeinschaft gehörendem Vermögen mitzuwirken, und die Festlegung der Art und Weise der Teilung im Sinne von Art. 3:185 ZGB die Teilung nicht beenden und auch aus diesem Grund im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes möglich sind."
Wir warten nun auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs!
Möchten Sie mehr wissen oder haben Sie Fragen zur Einleitung eines Eilverfahrens oder zur Teilung einer Gütergemeinschaft? Dann nehmen Sie bitte unverbindlich Kontakt mit einem unserer Anwälte auf. Wir helfen Ihnen gerne weiter und halten Sie über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden.