Die fristlose Entlassung, die schwerste Sanktion im Arbeitsrecht, ist auch die schwierigste für Arbeitgeber. Dies geht auch aus einem kürzlich ergangenen Urteil des Amsterdamer Gerichts hervor. Lesen Sie hier mehr:
Was waren die Fakten?
Ein Manager eines Bauunternehmens in Amsterdam (beschäftigt seit 2020) wurde fristlos entlassen, nachdem sich vier weibliche Angestellte über sexuell übergriffiges Verhalten beschwert hatten.
Im Februar 2023 ging bei der Personalabteilung eine Beschwerde ein, woraufhin der Manager angesprochen und verwarnt wurde. Es folgten jedoch Beschwerden von drei weiteren weiblichen Beschäftigten. Der Vorgesetzte wurde suspendiert und der Arbeitgeber leitete eine Untersuchung ein. Die Beschwerden der vier Frauen waren ziemlich ähnlich: Der Mann stand ihnen angeblich nahe und sprach über private Angelegenheiten, wie seine Eheprobleme und seine junge Geliebte. Der Manager offenbarte auch, dass er den Direktor des Unternehmens gut kannte, was die Frauen als einschüchternd empfanden. Außerdem berichteten drei der vier Frauen, dass sie von dem Mann unerwünscht berührt worden seien. So soll eine Mitarbeiterin in ihr Ohrläppchen gebissen worden sein, und eine andere Mitarbeiterin gab an, dass der Geschäftsführer sie mit seinem Körper in eine Ecke gedrängt habe. Eine dritte Mitarbeiterin berichtete, dass sie von dem Geschäftsführer im Kopierraum begrapscht worden sei und dass er bei einer anderen Gelegenheit das Licht in diesem Raum ausgeschaltet habe, während sie dort gearbeitet habe.
Das Bauunternehmen entließ den Geschäftsführer aufgrund der Aussagen der Frauen fristlos. Der Geschäftsführer ging jedoch vor das Amtsgericht: Er bestritt, die Frauen berührt zu haben, und hatte eine andere Erklärung für den "Ohrläppchen-Vorfall". So gab er an, mit der Frau über ihren Wunsch gesprochen zu haben, die Baufirma zu verlassen. Dabei soll er ihr geraten haben, mit dem Geschäftsführer zu sprechen, da er ihn gut kenne. Außerdem soll der Geschäftsführer der Frau ins Ohr "geseufzt" haben, als Ausdruck der Frustration.
Die Forderung des Geschäftsführers ist beträchtlich: Er fordert bis zu 800.000 € (!). Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einer Übergangsentschädigung, einer Entschädigung für eine vorschriftswidrige Kündigung und einer angemessenen Entschädigung in Höhe von 788.565,71 Euro, da er behauptet, bis zu seiner Pensionierung für das Unternehmen gearbeitet zu haben.
Wie hat das Amtsgericht entschieden?
Um es auf den Punkt zu bringen: Das Landgericht hat von der enormen angemessenen Abfindung nur 12.000 € brutto zugesprochen, zusätzlich zum Übergangsgeld, der Abfindung für die unrechtmäßige Kündigung und der Auszahlung der aufgelaufenen Urlaubstage. Die Tatsache, dass eine angemessene Entschädigung zugesprochen wurde, bedeutet jedoch, dass das Landgericht entschieden hat, dass die fristlose Entlassung nicht gerechtfertigt war.
Nach Ansicht des Amtsgerichts hätte der Arbeitgeber eine bessere Untersuchung durchführen und dem Manager die Möglichkeit geben müssen, seine Sicht der Dinge darzulegen. Mit anderen Worten: Es hätte eine faire Anhörung stattfinden müssen. Nun, da der Manager die unerwünschten Berührungen bestritten hat, ist dies nicht erwiesen. Die Anschuldigungen der Frauen, sie hätten sich angenähert, private Dinge besprochen und mit ihrer Beziehung zu dem Manager geprahlt, stellen keinen dringenden Grund für eine fristlose Entlassung dar.
Das gesamte Urteil können Sie hier nachlesen.
Schlussfolgerung
Die fristlose Entlassung ist die drastischste Sanktion, die ein Arbeitgeber verhängen kann. Der betroffene Arbeitnehmer hat in der Regel keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld und daher allen Grund, vor Gericht zu gehen, um seinen Arbeitsplatz wiederzubekommen oder eine Entschädigung zu fordern. Für Arbeitgeber ist es daher äußerst wichtig, im Voraus zu prüfen, ob eine fristlose Kündigung vor Gericht Bestand haben wird oder nicht. Ein Richter wird Folgendes prüfen: (1) ob tatsächlich ein dringender Grund für eine fristlose Entlassung vorliegt; (2) ob die fristlose Entlassung unverzüglich ausgesprochen wurde; und (3) ob der dringende Grund dem Arbeitnehmer unverzüglich mitgeteilt wurde. Bei all dem werden die Umstände des Falles und die persönliche Situation des Arbeitnehmers berücksichtigt. Mängel" lassen sich später nur schwer oder gar nicht beheben. Wenn Sie als Arbeitgeber damit konfrontiert werden, sollten Sie daher vorher einen Anwalt für Arbeitsrecht einschalten. SPEE Rechtsanwälte & Mediation hilft Ihnen gerne weiter.