Wann ist jemand de facto ein politischer Entscheidungsträger?
Einleitung
Ein Konkurs ist an sich kein angenehmes Szenario für einen Geschäftsführer einer BV oder einer NV. Sollte sich herausstellen, dass der Geschäftsführer seine Aufgaben offensichtlich nicht ordnungsgemäß erfüllt hat, kann er außerdem privat gesamtschuldnerisch für die Schulden haften. Aber Achtung: Dies gilt nicht nur für den "echten" gesetzlichen Geschäftsführer, sondern auch für einen so genannten "faktischen Entscheidungsträger". Wer ist das eigentlich? Hier können Sie es nachlesen.
Haftung der Direktoren bei Konkurs, was ist damit?
Wenn eine BV oder eine NV in Konkurs geht, haftet jeder Geschäftsführer gesamtschuldnerisch gegenüber der Masse für die Schulden, soweit sie nicht durch die Liquidation der anderen Aktiva (d.h.: das Konkursdefizit) beglichen werden können, wenn der Vorstand seine Aufgaben offenkundig nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und es plausibel ist, dass dies eine wesentliche Ursache für den Konkurs ist. Kurz gesagt: Natürlich haftet nicht immer jeder Geschäftsführer privat, wenn das Unternehmen in Konkurs geht, sondern es muss sich um eine offenkundig unsachgemäße Geschäftsführung handeln.
Außerdem weist das Gesetz darauf hin, dass die Verletzung der Veröffentlichungs- und Rechnungslegungspflicht zu einer nicht ordnungsgemäßen Geschäftsführung führt. Diese wird dann als wesentliche Ursache für den Konkurs vermutet. Letzteres kann durch den Geschäftsführer selbst widerlegt werden.
Wann ist der faktische Entscheidungsträger auch im Konkurs haftbar?
Für die Anwendung der Vorschriften über die Haftung von Geschäftsführern im Konkursfall sieht das Gesetz vor, dass ein Geschäftsführer mit der Person gleichgesetzt wird, die die Politik des Unternehmens bestimmt oder mitbestimmt hat, so als wäre sie ein Geschäftsführer".
Nehmen wir als Beispiel die Situation, in der die Eltern das Unternehmen auf den Sohn oder die Tochter übertragen haben, der Sohn oder die Tochter laut Gesellschaftsvertrag Geschäftsführer ist, der Vater oder die Mutter sich aber danach immer noch einmischt und sehr intensiv über das Unternehmen entscheidet.
Wann ist jemand nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs ein faktischer Entscheidungsträger?
Dies wurde kürzlich vom Obersten Gerichtshof geklärt. In dem Fall ging es um Folgendes. Die Enalmei-Stiftung ist die einzige Aktionärin der Red Dragon BV. Diese BV hat vier Direktoren. X ist der einzige Direktor der Stiftung. Im November 2014 handelte X mit der Rabobank einen Baukredit für Red Dragon aus, der für die Renovierung und den Betrieb eines Restaurants bestimmt war. X schickt E-Mails an die Bank, aus denen hervorgeht, dass sie sehr stark in die Angelegenheiten der Red Dragon BV involviert ist, obwohl sie also nicht selbst Geschäftsführerin dieser BV ist und es noch andere Geschäftsführer gibt.
Für die Bank ist es eine Bedingung für die Finanzierung, dass Red Dragon selbst rund fünf Millionen Euro für die Renovierung beisteuert. X schickt der Bank daraufhin Rechnungen einer Baufirma und Kontoauszüge der Stiftung. Später stellt sich heraus, dass diese Dokumente gefälscht waren. Am 24. Dezember 2014 wird X dann zum alleinigen Geschäftsführer von Red Dragon. Die anderen Direktoren treten daraufhin zurück.
Man spürt es kommen: Red Dragon überlebt nicht und geht zwei Jahre später in Konkurs. Der Konkursverwalter macht X für die Konkurslücke haftbar, weil er als Direktor oder faktischer Entscheidungsträger offensichtlich nicht ordnungsgemäß geführt wurde.
Das Amtsgericht und das Berufungsgericht stimmen mit dem Konkursverwalter überein. Nach Aussage von X war sie jedoch zum Zeitpunkt der Verhandlungen mit der Bank weder ein formelles Vorstandsmitglied noch eine faktische Entscheidungsträgerin.
Der Fall landet schließlich vor dem Obersten Gerichtshof. Dieser entschied wie folgt:
"Ob jemand die Politik eines Unternehmens wie ein Geschäftsführer bestimmt oder mitbestimmt hat und daher als faktischer Entscheidungsträger im Sinne von Abschnitt 2:248(7) des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs angesehen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Formulierung in der Gesetzgebungsgeschichte, wonach eine faktische Überordnung des formellen Vorstands erforderlich ist, damit jemand als "Entscheidungsträger wie ein Vorstandsmitglied" gelten kann, sollte offensichtlich nicht zum Ausdruck bringen, dass der faktische Entscheidungsträger das Unternehmen anstelle des formellen Vorstands und unter Ausschluss desselben geleitet haben muss. Damit sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass sich der faktische Entscheidungsträger zumindest einen Teil der Geschäftsführungsbefugnisse angeeignet und somit die Politik so bestimmt oder mitbestimmt haben muss, als wäre er ein Vorstandsmitglied. Aus dem Wort 'mitbestimmt' in Abschnitt 2:248(7) des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs lässt sich ableiten, dass eine solche Bestimmung der Politik auch dann vorliegen kann, wenn zusätzlich ein oder mehrere formelle Geschäftsführer weiterhin ihre Pflichten als Geschäftsführer wahrnehmen."
Das vollständige Urteil können Sie hier nachlesen.
Schlussfolgerung
Mischen Sie sich eng in die Angelegenheiten einer BV oder NV ein, ohne dass Sie formell Geschäftsführer sind? Und dann geht es mit dem Unternehmen schief? In diesem Fall können Sie vom Konkursverwalter als faktischer Entscheidungsträger haftbar gemacht werden, wenn Sie die Geschäfte nicht ordnungsgemäß geführt haben. Es ist daher nicht erforderlich - so der Oberste Gerichtshof -, dass Sie als faktischer Entscheidungsträger das Unternehmen unter Ausschluss des formellen Vorstands geleitet haben.
Hinweis: Eine Klage wegen nicht ordnungsgemäßer Geschäftsführung kann innerhalb von drei Jahren vor dem Konkurs eingereicht werden. Im Übrigen schützt eine Entlastung des Direktors nicht vor einer Klage des Konkursverwalters.
Haben Sie Fragen zur Haftung von Geschäftsführern? Oder andere Fragen zum Gesellschaftsrecht? Wir helfen Ihnen gerne weiter.