Der Arbeitgeber stellte der Arbeitnehmerin eine NS Business Card zur Verfügung, für die sie am 1. Februar 2016 eine Nutzungsvereinbarung unterzeichnete. In der Nutzungsvereinbarung heißt es, dass die Karte nicht für private Zwecke und für Haus-zu-Haus-Dienste, einschließlich des OV-Fahrrads und des Greenwheels-Mietwagens, verwendet werden darf. Bei einer Prüfung der NS-Rechnungen im August 2021 stellte der Arbeitgeber fest, dass der Arbeitnehmer seit dem 16. Juni 2021 den sogenannten Greenwheels-Dienst in Anspruch genommen hatte. Der Arbeitgeber wollte daraufhin den Arbeitsvertrag kündigen. Wie entscheidet das Amtsgericht?
Der Verlauf der Ereignisse war wie folgt. Zunächst fand am 6. September 2021 ein Gespräch zwischen den Parteien statt. Es wurde ein (wörtlicher) Bericht über dieses Gespräch erstellt. In einer E-Mail-Nachricht vom selben Tag erklärte die Arbeitnehmerin, sie sei sehr schockiert darüber, dass der Arbeitgeber ihre Integrität in Bezug auf die Verwendung der NS-Geschäftskarte in Frage gestellt habe. Sie wies auf die Anmeldung hin, aus der hervorging, dass sie sich unter ihrer privaten (E-Mail-)Adresse bei Greenwheels angemeldet hatte. Sie argumentierte, der Arbeitgeber habe die Kosten irrtümlich erhalten.
Mit Schreiben vom 8. September 2021 teilte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit, dass weitere Untersuchungen erforderlich seien. In Übereinstimmung mit dem Protokoll zur Untersuchung von Integritätsverletzungen und Missbrauch wurde der Mitarbeiter mit sofortiger Wirkung suspendiert und der Zugang zum Telefon und zu den digitalen Systemen der Stadtverwaltung gesperrt. Das Gutachten vom 18. November 2021 kam zu dem Schluss, dass der Mitarbeiter einen schweren Verstoß gegen die Integrität begangen hatte. Dies lag an der Art des Verhaltens (private Fahrten mit der NS-Visitenkarte, deren Kosten aktiv auf den Arbeitgeber abgewälzt wurden) und an der mangelnden Bereitschaft, die notwendige Offenheit zu zeigen oder bei der Untersuchung mitzuarbeiten.
Der Arbeitgeber beantragte die Auflösung des Arbeitsvertrags mit dem Arbeitnehmer in erster Linie wegen schweren Verschuldens (e-Grund).
Der Verhaltenskodex des Arbeitgebers legt fest, was von den Arbeitnehmern in Bezug auf ethisches Verhalten erwartet wird. Es wird erläutert, was die vier Grundwerte Offenheit, Agilität, Fokus und Zuverlässigkeit für integres Handeln bedeuten. Die Arbeitnehmerin bestreitet nicht, dass sie die NS Business Card zur Verknüpfung mit ihrem Greenwheels-Konto verwendet hat, wodurch erhebliche Reisekosten entstanden sind. Das Amtsgericht vertrat die Auffassung, dass die im Verhaltenskodex genannten Verhaltensregeln und die angeführten Beispiele, deren Verletzung als Pflichtverletzung anzusehen ist, nicht das Verhalten umfassen, das dem Angestellten vorgeworfen wird. Abgesehen davon ist das Amtsgericht der Ansicht, dass das Verhalten des Arbeitnehmers nicht als eine Situation zu qualifizieren ist, in der die Integrität des Arbeitnehmers auf dem Spiel steht, so dass der Arbeitsvertrag gekündigt werden sollte.
Letzteres könnte der Fall sein, wenn die mutmaßliche vorsätzliche Nutzung der NS Business Card durch die Arbeitnehmerin in dem Sinne berücksichtigt würde, dass sie die Karte und die damit verbundenen Einrichtungen ausschließlich zu ihrem eigenen Vorteil und auf Kosten des Arbeitgebers nutzte. Die Arbeitnehmerin hätte dann ihre Stellung als Arbeitnehmerin ausgenutzt und missbraucht.
Das Amtsgericht will davon ausgehen, dass der Arbeitgeber nach der Entdeckung der hohen Reisekosten des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit der NS-Visitenkarte sehr schockiert war. Es war richtig, den Mitarbeiter um eine Erklärung zu bitten. Nach Ansicht des Amtsgerichts belegen die Aussagen der Arbeitnehmerin und die Informationen aus der Sachverhaltsermittlung zusammengenommen jedoch nicht hinreichend, dass die Arbeitnehmerin ihre Stellung als Angestellte ausgenutzt oder missbraucht hat.
Es muss daher festgestellt werden, dass der Arbeitnehmer nicht gegen den Verhaltenskodex verstoßen hat. Nach Ansicht des Amtsgerichts stellt die Verletzung der Nutzungsvereinbarung für die NS-Visitenkarte kein so schwerwiegendes Verschulden dar, dass die Auflösung der Vereinbarung gerechtfertigt wäre. Die Messlatte für die Beurteilung, ob tatsächlich ein schuldhaftes Verhalten vorliegt, ist hoch angesetzt.
Das Amtsgericht vertrat die Auffassung, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter den gegebenen Umständen zunächst hätte abmahnen müssen.
Das vollständige Urteil lesen Sie hier.
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