31 Mai 2024 Vorfragen in einer Mietrechtssache: Ist die Klausel, dass der Verbraucher alle Gerichtskosten schuldet, missbräuchlich?

Das Amtsgericht Amsterdam hat kürzlich in einer Reihe von Fällen entschieden, dass eine vereinbarte Mieterhöhungsklausel in Wohnräumen missbräuchlich ist. Dies betraf einen Mietvertrag, der mit einem Verbraucher geschlossen wurde, so dass das Gericht von Amts wegen eine Bewertung im Lichte des europäischen und niederländischen Verbraucherrechts, insbesondere der Richtlinie 93/13 EG (Richtlinie über missbräuchliche Klauseln), vornehmen musste. Daraus ergaben sich für den Obersten Gerichtshof Vorfragen zum Umfang und zu den Folgen der Ungültigerklärung einer missbräuchlichen Mieterhöhungsklausel. Die Frage, ob eine bestimmte Klausel in einem Mietvertrag missbräuchlich ist, nämlich eine Klausel, die eine vollständige Erstattung der Prozesskosten vorsieht, ist nun erneut vor dem Amsterdamer Amtsgericht aufgetaucht.

Verfahren

In diesem Fall ging es um einen Streit zwischen einer Wohnungsbaugesellschaft und einem Mieter eines Parkplatzes. Der Vermieter verlangte unter anderem die Auflösung des Vertrags mit Räumung der gemieteten Räumlichkeiten, die Zahlung eines Betrags von 482,50 € einschließlich außergerichtlicher Kosten und einer Nutzungsgebühr bis zur tatsächlichen Räumung sowie die Verurteilung des Mieters zur Zahlung der Prozesskosten. Der Mieter erschien nicht zu dem Verfahren.

Der Mietvertrag enthielt die folgende Klausel zu den Gerichtskosten:

“11.1 Alle Kosten für die Durchführung dieses Vertrags, einschließlich der Verwaltungskosten, sowie alle gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, die dem Vermieter bei Nichteinhaltung einer Bestimmung dieses Vertrags oder des Gesetzes durch den Mieter entstehen, gehen zu Lasten des Mieters.“

Überprüfung von missbräuchlichen Klauseln von Amts wegen

Der Vertrag, um den es in diesem Verfahren ging, war mit einem Verbraucher geschlossen worden, so dass das Gericht ihn von Amts wegen auf europäisches und niederländisches Verbraucherrecht, insbesondere auf die Richtlinie 93/13 EG (Richtlinie über missbräuchliche Klauseln), überprüfen musste.

Das Amtsgericht entschied dazu wie folgt;

“Bei der Beurteilung, ob eine Klausel missbräuchlich ist, kommt es darauf an, ob diese Klausel entgegen Treu und Glauben das Gleichgewicht zwischen den Rechten und Pflichten der Parteien aus dem Vertrag zum Nachteil des Verbrauchers erheblich stört (Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie). Dabei sollten alle Umstände des Vertragsschlusses und alle anderen Vertragsklauseln berücksichtigt werden, wobei die Art der vom Vertrag erfassten Waren oder Dienstleistungen zu berücksichtigen ist. Der Beurteilungszeitpunkt sollte auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abgestellt werden. Unerheblich für diese Prüfung ist daher die tatsächliche Anwendung und Durchführung der Klauseln oder eine nachträglich abgegebene Erklärung. Darüber hinaus sollten die anwendbaren Regeln des nationalen Rechts berücksichtigt werden, wenn die Parteien keine Einigung erzielt hätten.”

Klausel zur Zahlung von Gerichtskosten unbillig?

In Bezug auf die Gerichtskosten befand das Amtsgericht die Klausel vorerst für missbräuchlich:

“Nach Artikel 11.1 gehen alle dem Vermieter entstandenen Gerichtskosten zu Lasten des Mieters, während nach ständiger Rechtsprechung eine vollständige Gerichtskostenverfügung nur unter außergewöhnlichen Umständen ergeht. In der überwiegenden Mehrheit der Fälle wird der Liquidationssatz angewandt, wodurch ein begrenzter Pauschalbetrag zuerkannt wird. Obwohl das Gericht gemäß Artikel 242 der Zivilprozessordnung (Rv) befugt ist, von Amts wegen die für die Erstattung von Gerichtskosten festgesetzten Beträge zu mindern, kann sich der Kläger auch auf Artikel 11.1 berufen, wenn das Gericht nicht endgültig über diese Kosten entscheiden kann oder soll. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Parteien während des Verfahrens Vergleichsverhandlungen führen oder wenn nach einer Vorladung ein Vergleich zwischen den Parteien geschlossen wird. In diesen Fällen sind dem Vermieter Gerichtskosten entstanden, die er dem Beklagten gemäß der Klausel in Artikel 11.1 in voller Höhe in Rechnung stellen kann. Aber auch wenn das Gericht eine Entscheidung getroffen hat, kann der Vermieter unter Berufung auf die Klausel die vollen Gerichtskosten geltend machen, obwohl er keinen Anspruch darauf hat. Die Klausel ist daher unangemessen belastend und missbräuchlich im Sinne der Richtlinie und muss daher unangewendet bleiben. Daraus folgt nach Ansicht des Amtsgerichts, dass keine Prozesskosten zugesprochen werden können. Schließlich darf das Amtsgericht die missbräuchliche Klausel im Vertrag zwischen den Parteien nicht durch die Anwendung von Vorschriften des ergänzenden oder zwingenden Rechts ergänzen. Die Zuerkennung von Prozesskosten nach der gesetzlichen Regelung kann nach Auffassung des Amtsgerichts nicht anders gesehen werden, als dass die (Anwendung der) Vorschrift aus § 242 Rv die vertragliche Regelung der Prozesskosten ersetzt.“

Der Standpunkt des Vermieters

In der Klageschrift wurde jedoch vom Vermieter argumentiert, dass eine Klausel, wie sie in Artikel 11.1 enthalten ist, nicht unbillig sei, da Artikel 242 Rv dem Gericht die Befugnis gebe, die Prozesskosten von Amts wegen zu mindern, so dass keine Gefahr bestehe, das vertragliche Gleichgewicht zu stören. Auch die Rechtsprechung stützt diese Auffassung

Diese Entscheidungen wurden kurz damit begründet, dass Gerichtskosten nur dann anfallen, wenn ein Verfahren durchgeführt wird, während das Gericht dann von Amts wegen die festgesetzten Gerichtskosten mindern kann. Die Gefahr einer Störung des vertraglichen Gleichgewichts bestehe daher nicht wirklich.

Vorlagefragen

Das Amtsgericht vertrat jedoch die Auffassung, dass der Standpunkt des Vermieters missverstanden wurde, dass die Klausel nach dem Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags zu beurteilen ist. Die Klausel lässt die Möglichkeit offen, dass der Vermieter zu einem bestimmten Zeitpunkt vor der Entscheidung des Gerichts die vollen Prozesskosten geltend machen kann. Eine Minderung dieser Kosten durch das Gericht kommt daher nicht in Frage. Dies ist auch ein reales Risiko, da viele Mieter die (vermeintlichen) Forderungen bezahlen, um ein weiteres Gerichtsverfahren zu vermeiden, ohne zu erkennen, dass ein Teil der Forderungen auf einer missbräuchlichen Klausel beruht. Aber auch wenn das Gericht die Prozesskosten in einem Urteil abgemildert hat, kann der Vermieter unter Berufung auf Artikel 11 Absatz 1 die vollen Prozesskosten verlangen. Selbst dann besteht die reale Gefahr, dass der Mieter zahlt, um den Fall loszuwerden. Darüber hinaus kann der Vermieter eine vom Mieter geleistete Zahlung von den (vollen) Prozesskosten, die er seiner Meinung nach schuldet, abziehen lassen, woraufhin das Urteil einen Titel für die restliche Forderung enthält. Die Klausel in Artikel 11.1 führt also dazu, dass das vertragliche Gleichgewicht gestört wird.

In Anbetracht der Tatsache, dass es zu dieser Frage unterschiedliche Meinungen und Urteile gibt, und in Anbetracht der Tatsache, dass es in fast allen Fällen um Prozesskosten geht, hielt es das Amtsgericht für angebracht, dem Obersten Gerichtshof die folgenden Vorfragen (Rechtsfragen eines Gerichts an ein höheres Gericht zur Auslegung einer Rechtsnorm) zu dieser Frage zu stellen:

  1. Ist eine Klausel zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher, die vorsieht, dass der Verbraucher, der den Vertrag nicht erfüllt, alle Prozesskosten zu tragen hat, als missbräuchliche Klausel im Sinne der Richtlinie anzusehen?
  2. Falls die erste Frage bejaht wird, hat dies zur Folge, dass nicht nur die Prozesskostenklausel unwirksam ist, sondern dass überhaupt keine Prozesskosten mehr zugesprochen werden können?

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Schlussfolgerung

Das Amtsgericht hat den Parteien Gelegenheit gegeben, sich zu den Fragen zu äußern, die dem Obersten Gerichtshof vorgelegt werden sollen. Es bleibt nun abzuwarten, wie der Oberste Gerichtshof diese Fragen beantworten wird.

Möchten Sie mehr wissen oder haben Sie Fragen zu Ihrer Position als Mieter oder Vermieter? Dann nehmen Sie bitte unverbindlich Kontakt mit einem unserer Anwälte auf. Wir helfen Ihnen gerne weiter und halten Sie über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden!

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