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23 Feb 2024 Unklare Vertragsstrafenklausel

Ein Kaufvertrag über eine Immobilie enthält in der Regel eine Vertragsstrafenklausel, in der kurz und bündig festgelegt ist, dass die säumige Partei eine Vertragsstrafe von mindestens 10 % des Kaufpreises verwirkt. Das Landgericht Midden-Nederland hatte kürzlich über einen Fall zu entscheiden, in dem der Verkäufer einer Immobilie den Standpunkt vertrat, dass der Käufer nicht nur die Vertragsstrafe, sondern auch zusätzlichen Schadenersatz zu zahlen habe, weil der tatsächliche Schaden den Betrag der Vertragsstrafe übersteige. Die Vertragsstrafenklausel war jedoch unklar formuliert. Worum ging es in diesem Fall?

Das Verfahren

Die Käufer und der Verkäufer hatten am 22. Februar 2021 einen Kaufvertrag über eine Immobilie geschlossen. Der Kaufvertrag wurde von den Käufern am 18. Mai 2021 außergerichtlich rückgängig gemacht. Mit Urteil vom 20. April 2022 entschied das Landgericht Midden-Nederland über die Klage der Käufer, dass der Kaufvertrag zwischen den Parteien wirksam aufgelöst worden sei. Das Gericht verurteilte den Verkäufer zur Zahlung der geforderten Vertragsstrafe in Höhe von 88.000,00 € zuzüglich der gesetzlichen Zinsen. Gegen dieses Urteil wurde keine Berufung eingelegt. Das Urteil wurde vom Verkäufer befolgt.

In diesem Verfahren forderten die Käufer den Ersatz des ihnen tatsächlich entstandenen Schadens, den sie auf 350.470,43 € bezifferten, zuzüglich gesetzlicher Zinsen, Sachverständigenkosten (3.427,33 €), außergerichtliche Inkassokosten (6.775,00 €) und Gerichtskosten.

Standpunkt der Käufer

Nach Angaben der Käufer hatten die Parteien vereinbart, dass im Falle eines Verzugs die säumige Partei eine Vertragsstrafe von mindestens 10 % des Kaufpreises verwirkt, unbeschadet des Rechts der anderen Partei, ihren tatsächlichen Schaden in Form einer zusätzlichen Entschädigung geltend zu machen. Den Käufern zufolge war ihr tatsächlicher Schaden wesentlich höher als der vom Verkäufer bereits gezahlte Betrag der Vertragsstrafe. Dieser Schaden bestand aus dem entgangenen Gewinn, der beabsichtigten Wertsteigerung des Grundstücks durch die Sanierung und der künftigen Verwertung des Grundstücks.

Der Standpunkt des Verkäufers

Nach Ansicht des Verkäufers hatten die Käufer keinen Anspruch auf zusätzlichen Schadenersatz, da es sich bei der Vertragsstrafe um einen pauschalierten Schadenersatz handelte. Außerdem, so der Verkäufer, hätten die Parteien vereinbart, dass die Immobilie "wie sie ist und wo sie ist" geliefert werde, was bedeute, dass der Verkäufer keine Garantien für die beabsichtigte Verwertung durch die Käufer übernommen habe. Auch aus diesem Grund könnten die Käufer keinen Schadenersatz für entgangenen Gewinn und/oder die nicht erfolgte Realisierung der beabsichtigten Nutzung der Immobilie verlangen. Der Verkäufer vertrat ferner die Auffassung, dass die Käufer entweder ihr Recht auf zusätzlichen Schadenersatz wahrgenommen oder gegen die Angemessenheit und Billigkeit gehandelt hätten. Schließlich machte der Verkäufer auch geltend, dass kein Kausalzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem behaupteten Schaden bestehe, und bestritt die Höhe des geltend gemachten Schadens.

Beurteilung durch das Landgericht

Das Gericht wies die Ansprüche der Käufer zurück und begründete dies wie folgt.

Nach Ansicht des Gerichts stand zwischen den Parteien fest, dass der Verkäufer den Vertrag gebrochen und aus diesem Grund eine Vertragsstrafe verwirkt hatte. Die Frage, um die es in diesem Verfahren ging, war, ob die Käufer neben der Vertragsstrafe, die der Verkäufer bereits gezahlt hatte, Anspruch auf zusätzlichen Schadensersatz hatten.

Diese Frage wurde vom Gericht verneint, da die erste Einrede des Verkäufers erfolgreich war.

Die Parteien hatten im Kaufvertrag eine Vertragsstrafenklausel vereinbart. Artikel 6:92 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmt, dass die Vertragsstrafe an die Stelle des gesetzlichen Schadensersatzes und des Ersatzschadens tritt. Dabei handelt es sich um dispositives Recht. Die Parteien können unterschiedliche Vereinbarungen treffen. Den Käufern zufolge hatten die Parteien dies getan und auf den Wortlaut der Vertragsstrafenklausel verwiesen.

Die Vertragsstrafenklausel lautete wie folgt:

"Käufer und Verkäufer vereinbaren, dass eine Partei, die ihre Verpflichtung aus dem Kaufvertrag nur teilweise erfüllt oder nicht erfüllt, der anderen Partei eine Vertragsstrafe in Höhe von mindestens 10 % des Kaufpreises auferlegt, unbeschadet des Rechts dieser Partei, Erfüllung, Auflösung oder Schadensersatz zu verlangen.".”

Die Parteien waren sich also nicht einig über den Umfang der Vertragsstrafenklausel. Dies ist eine Frage der Auslegung. Bei der Auslegung einer Vereinbarung kommt es darauf an, was die Parteien gegenseitig erklärt haben und was sie vernünftigerweise aus den Erklärungen und dem Verhalten der jeweils anderen Partei ableiten konnten (der so genannte Haviltex-Maßstab). Dabei sind alle Umstände des Falles zu berücksichtigen und nach dem zu bewerten, was vernünftig und angemessen ist. Auch das Verhalten der Parteien nach Vertragsabschluss kann für die Vertragsauslegung von Bedeutung sein.

Einer der Umstände, die bei der Erklärung der Absichten der Parteien eine Rolle spielen, ist der Wortlaut des Vertrags. In diesem Fall ging das Gericht von einer objektiven sprachlichen Auslegung aus, da die Parteien den Wortlaut und/oder den Inhalt der Vertragsstrafenklausel in der vorvertraglichen Phase nicht erörtert oder ausgehandelt hatten. Die Käufer hatten dem Verkäufer über ihren Makler den Kaufvertrag vorgelegt, der auch diese Klausel enthielt, und er hatte dieser Vertragsstrafenklausel kommentarlos zugestimmt.

Das Landgericht stellte fest, dass die Tragweite der Klausel unklar war. Aus dem Text ergebe sich nicht ausdrücklich, wie von den Käufern behauptet, dass neben der Vertragsstrafe auch ein Anspruch auf zusätzlichen Schadensersatz oder auf Ersatz des tatsächlichen Schadens bestehe. Nach Ansicht des Gerichts kann der Satz "unbeschadet des Rechts dieser Partei, Erfüllung, Auflösung oder Schadensersatz zu verlangen" auf unterschiedliche Weise ausgelegt werden. Er könnte so ausgelegt werden, dass neben der Vertragsstrafe auch Erfüllung, Auflösung oder Schadensersatz verlangt werden kann. Sie kann aber auch so interpretiert werden, dass die andere Partei neben der Geldbuße die Erfüllung oder Auflösung verlangen kann, oder dass sie keine Geldbuße, aber Schadensersatz verlangen kann.

Da der Wortlaut der Vertragsstrafenklausel unklar war und der (Wortlaut der) Vertragsstrafe nicht ausgehandelt worden war, entschied das Gericht, dass die Klausel nach dem Grundsatz "contra proferentem" zu Ungunsten der Käufer als Verfasser der Klausel auszulegen sei. Diese Auslegung entspricht auch der Absicht des Gesetzgebers, eine Vertragsstrafenklausel, deren Zweck nicht klar ist, zu Gunsten des Schuldners auszulegen.

Dies bedeutet, dass die Klausel so ausgelegt wurde, dass nicht von dem Rechtsgrundsatz abgewichen werden sollte, dass die Vertragsstrafe an die Stelle des gesetzlichen Schadensersatzes tritt.

Schlussfolgerung

Aufgrund der unklaren Formulierung der Klausel im Vertrag zogen die Käufer hier den Kürzeren. Ihr Schadensersatzanspruch wurde in vollem Umfang abgewiesen und sie wurden zur Tragung der Kosten des Verfahrens verurteilt.

Es ist daher wichtig, Bestimmungen in einem Vertrag, wie hier die Vertragsstrafenklausel, sorgfältig und klar zu formulieren, um unterschiedliche Auslegungen zu vermeiden. Brauchen Sie dabei Hilfe oder möchten Sie einen erhaltenen Vertrag prüfen lassen? Dann kontaktieren Sie unverbindlich einen unserer Anwälte. Wir helfen Ihnen gerne weiter!

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