Können Mieter bestimmter Geschäftsräume wegen der Corona-Krise eine Mietminderung geltend machen, und wenn ja, wie ist diese Minderung zu berechnen? Die Gesellschaft verspürt ein gewisses Bedürfnis, den enormen Schaden der Korona-Maßnahmen in gewisser Weise zwischen Mietern und Vermietern aufzuteilen, aber die rechtliche Ausgestaltung war bisher nicht klar. Am 24. Dezember beantwortete der Oberste Gerichtshof die Fragen des Amtsgerichts Limburg zu diesem Thema.
In einem früheren Artikel habe ich bereits erörtert, dass sich aus der Rechtsprechung zum Thema Miete und Corona ergibt, dass ein Mieter grundsätzlich zu einer Mietminderung berechtigt ist, weil entweder ein Mangel oder unvorhergesehene Umstände vorliegen, sofern der Mieter nachweisen kann, dass er von den Folgen der Corona-Krise, einschließlich der staatlich verordneten Schließung, betroffen ist, und der Mieter nachweisen kann, dass ihm dadurch Umsatzeinbußen entstanden sind. Auch andere Umstände werden berücksichtigt, z. B. die Erleichterungen, die der Mieter von der Regierung erhalten hat. Da der Fall nicht ganz klar war, wandte sich das Amtsgericht Limburg in einer so genannten "Vorfrage" (Rechtsfragen eines Richters an ein höheres Gericht zur Auslegung einer Rechtsnorm) an den Obersten Gerichtshof.
Dabei ging es um die folgenden Fragen:
1. Ist die staatlich verordnete Schließung des Hotel- und Gaststättengewerbes infolge der Corona-Krise als Mangel im Sinne von Artikel 7:204 Absatz 2 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs anzusehen?
2. Wenn ja, nach welchen Kriterien ist das Ausmaß der Mietminderung zu beurteilen?
3. (Oder) stellt die Einschränkung der Nutzung des Mietobjekts einen unvorhergesehenen Umstand dar, der zu einer Mietminderung führen kann?
4. Wenn ja, welche Umstände des Falles werden bei der Feststellung oder Aufteilung des Schadens berücksichtigt?
Unvorhergesehener Umstand
Der Oberste Gerichtshof bestätigte in seinem Urteil vom 24. Dezember 2021, dass ein Mieter von sogenannten 290 Geschäftsräumen (wie Gaststätten, Läden und Supermärkte) aufgrund der von der Regierung ergriffenen Corona-Maßnahmen Anspruch auf eine Mietminderung hat. Die Corona-Maßnahmen sind so einschneidend, dass der Vermieter dem Mieter nicht zumuten kann, weiterhin die volle Miete zu zahlen.
Der Oberste Gerichtshof entschied, dass die Corona-Krise ein unvorhergesehener Umstand, aber kein Mangel im Sinne von Artikel 7:204 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs ist:
"Ein unvorhergesehener Umstand im Sinne von Artikel 6:258 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs ist ein Umstand, der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch in der Zukunft liegt und nicht berücksichtigt wurde. Ob Letzteres der Fall ist, muss durch Auslegung des Vertrages ermittelt werden.
Der Umstand, dass ein Mieter, dessen Umsatz vom Publikumsverkehr abhängt, aufgrund staatlicher Maßnahmen im Zusammenhang mit der Coronapandemie die von ihm gemieteten 290 Geschäftsräume nicht oder nur eingeschränkt betreiben kann, ist ein außergewöhnlicher Umstand allgemeiner Art, der die öffentliche Gesundheit beeinträchtigt. Mangels konkreter gegenteiliger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dieser Umstand jedenfalls bei vor dem 15. März 2020 abgeschlossenen Mietverträgen nicht berücksichtigt wurde. Dies gilt auch, wenn der Mietvertrag beispielsweise das Recht auf Mietminderung wegen Mängeln ausschließt, die der Vermieter bei Abschluss des Mietvertrags nicht kannte oder nicht hätte kennen müssen, oder den Mieter für die Einholung und Aufrechterhaltung von Genehmigungen, Befreiungen und Zustimmungen verantwortlich macht, die für den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Mietobjekts erforderlich sind, oder eine Grundmiete vorsieht, die je nach Umsatz aufgestockt wird."
Die Antwort auf die dritte Frage lautet daher wie folgt: Der Umstand, dass ein Mieter, dessen Umsatz vom Publikumsverkehr abhängt, infolge staatlicher Maßnahmen im Zusammenhang mit der Coronapandemie die von ihm gemieteten 290 Geschäftsräume nicht oder nur eingeschränkt nutzen kann, ist bei einem vor dem 15. März 2020 abgeschlossenen Mietvertrag mangels konkreter gegenteiliger Anhaltspunkte ein unvorhersehbarer Umstand im Sinne von Artikel 6:258 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs, auf dessen Grundlage das Gericht den Mietvertrag durch Herabsetzung der Miete anpassen kann. Bei Verträgen, die nach diesem Zeitpunkt geschlossen werden, muss im Einzelfall geprüft werden, ob ein solcher unvorhergesehener Umstand vorliegt.
Berechnungsmodell
In seinem Urteil liefert der Oberste Gerichtshof ein Berechnungsmodell für die Ermittlung der Mietminderung. Der Oberste Gerichtshof wies darauf hin, dass der verursachte Nachteil in der Regel weder in die Risikosphäre des Mieters noch in die des Vermieters fällt. Die Störung des Wertverhältnisses zwischen den beiden Parteien lässt sich daher im Prinzip am besten dadurch beheben, dass dieser Nachteil - sofern er nicht bereits durch die finanzielle Unterstützung des Staates für den Mieter in Form der Tegemoetkoming Vaste Lasten (TVL) ausgeglichen wird - zu gleichen Teilen zwischen Vermieter und Mieter aufgeteilt wird.
Aus Gründen der Angemessenheit und Billigkeit kann aufgrund von Umständen, wie der Leistungsfähigkeit eines Mieters oder Vermieters oder der finanziellen Lage einer der Parteien, von der gleichmäßigen Verteilung des Nachteils abgewichen werden.
Wird die Verteilung des Nachteils für gerechtfertigt befunden, kann die Minderung der Miete nach der sogenannten Festbetragsmethode berechnet werden. Dies führt zu einer prozentualen Kürzung der vertraglich zu zahlenden Miete. Die naheliegendste Methode ist die Berechnung der Mietminderung pro Laufzeit, für die die Miete fällig ist.
Die Festbetragsmethode umfasst die folgenden Schritte zur Berechnung der Mietminderung.
a. Die vereinbarte Miete wird als Prozentsatz der gesamten festen Kosten ausgedrückt.
b. Der diesem Prozentsatz entsprechende Anteil der TVL, auf den der Mieter Anspruch hat, wird vom Betrag der vereinbarten Miete abgezogen.
c. Die prozentuale Umsatzminderung wird ermittelt, indem der Umsatz in dem Zeitraum, für den die Mietminderung berechnet wird (im Folgenden: der niedrigere Umsatz), mit dem Umsatz in einem vergleichbaren Zeitraum vor der Corona-Pandemie (im Folgenden: der Referenzumsatz) nach der Formel verglichen wird: 100% - (100% x (niedrigerer Umsatz : Referenzumsatz)).
d. Der mit der Störung des Wertverhältnisses verbundene Nachteil wird zu gleichen Teilen auf den Vermieter und den Mieter verteilt (jeweils 50 % des Nachteils), es sei denn, aus der Angemessenheit und Billigkeit im Sinne von Artikel 6:258 Absatz 1 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt sich eine andere Verteilung.
Die Höhe der Mietminderung kann dann nach der Formel berechnet werden: (vereinbarte Miete - auf die Miete entfallender Anteil der TVL) x prozentuale Umsatzminderung x 50 %.
Ausgehend von fiktiven Beträgen, wobei die Miete 4.500 €, die Fixkosten 25.000 €, die TVL 10.000 €, der erzielte Minderumsatz 20.000 € und der Referenzumsatz 100.000 € beträgt, ergibt sich folgende Berechnung. a. Zunächst wird der Prozentsatz der Fixkosten für die Zahlung der vereinbarten Miete ermittelt (100% x (4.500 € : 25.000 €) = 18%). b. Da der Mieter Anspruch auf TVL hat, werden 18 % der TVL von 10.000 € (= 1.800 €) von der vereinbarten Miete abgezogen. c. Anschließend wird der Prozentsatz des Umsatzrückgangs berechnet (100% - (100% x (€ 20.000 : € 100.000)) = 80%), und anhand dieses Prozentsatzes wird ermittelt, welcher Teil der nach Schritt b verbleibenden Miete auf den Umsatzrückgang entfällt. d. Schließlich wird der Nachteil, der sich aus der Verzerrung des Wertverhältnisses ergibt, zu gleichen Teilen auf den Vermieter und den Mieter aufgeteilt (jeweils 50 % des Nachteils).
In diesem Beispiel ergibt sich folgende Mietminderung: (4.500 € - 1.800 €) x 80% x 50% = 1.080 €, also 24% der vereinbarten Miete.
Das Amtsgericht Limburg wird den Fall nun weiterverfolgen und die Antworten des Obersten Gerichtshofs in seinem Urteil berücksichtigen.
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