Suche
Close this search box.
12 Jan 2024 Gilt das Schriftformerfordernis des Artikels 7:2(1) BW für den Kauf eines Baugrundstücks durch einen Verbraucher?

Das Gericht in Overijssel wurde mit einem Fall befasst, in dem ein Verkäufer von einem Käufer Schadensersatz wegen zurechenbarer Vertragsverletzung verlangte. Das Gericht legte dem Obersten Gerichtshof die Vorfrage vor, ob das Schriftformerfordernis nach Artikel 7:2 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf den Kauf eines Grundstücks durch einen Verbraucher anwendbar ist, das nach öffentlichem Recht für den Bau einer Wohnung bestimmt ist. Im vergangenen Monat hat der Oberste Gerichtshof ein Urteil gefällt.

Was stand hier auf dem Spiel?

Ein Verkäufer hatte im August 2021 ein Grundstück auf Funda zum Verkauf angeboten. In der Anzeige hieß es: "Baugrundstück zum Bau eines Einfamilienhauses mit Nebengebäude(n)". Das Grundstück war (teilweise) öffentlich-rechtlich für den Bau eines Hauses gewidmet.

Einige Tage später wurde das Grundstück vom Käufer besichtigt. Noch am selben Tag unterbreitete er per E-Mail ein Angebot in Höhe von 550.000 € für das Grundstück. Das Angebot wurde vom Verkäufer angenommen. Der Makler schickte dem Käufer daraufhin den Entwurf eines Kaufvertrags zu.

Daraufhin teilte der Käufer dem Makler des Verkäufers mit, dass er auf den Kauf des Grundstücks verzichte. Das Grundstück wurde daraufhin im März 2022 zu einem Kaufpreis von 465.000 € an einen Dritten verkauft.

Das Verfahren

Der Verkäufer leitete ein Verfahren gegen den Käufer ein und beantragte die Verurteilung des Käufers zur Zahlung von u.a. 85.000 €. Nach Ansicht des Verkäufers wurde zwischen den Parteien ein Kaufvertrag geschlossen, auf den Artikel 7:2 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht anwendbar sei, da sich auf dem Grundstück keine Wohnung befinde. Der Käufer hielt sich vorwerfbar nicht an diesen Kaufvertrag, was zu einem Schadenersatz in Höhe von 85 000 € führte.

Der Käufer machte unter anderem geltend, dass es sich bei dem Grundstück um eine Wohnimmobilie handele und daher Artikel 7:2 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung finde. Seiner Ansicht nach war das Schriftformerfordernis dieser Vorschrift nicht erfüllt, so dass kein Kaufvertrag zustande gekommen ist.

Mit einer Zwischenverfügung legte das Gericht dem Obersten Gerichtshof folgende Vorfragen vor:

Handelt es sich bei einem Grundstück, das für Wohnzwecke bestimmt ist (Planungsgesetz), um eine Immobilie oder einen Teil davon, der für Wohnzwecke im Sinne von Artikel 7:2 Absatz 1 des Zivilgesetzbuchs bestimmt ist? Und wenn ja, unter welchen Bedingungen oder Umständen?

Urteil des Obersten Gerichtshofs

Die Antwort des Obersten Gerichtshofs lautet wie folgt:

Die Vorfragen werfen die Frage auf, was in Artikel 7:2 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unter dem "Erwerb einer Immobilie oder eines Teils davon, die zum Wohnen bestimmt sind", zu verstehen ist.

Artikel 7:2 des Zivilgesetzbuchs lautet wie folgt:

  1. "Der Verkauf einer zu Wohnzwecken dienenden Immobilie oder eines Teils davon bedarf der Schriftform, wenn es sich bei dem Käufer um eine natürliche Person handelt, die nicht in Ausübung eines Berufs oder Unternehmens handelt.
  2. Die zwischen den Parteien errichtete Urkunde oder eine Abschrift davon wird dem Erwerber auf Verlangen gegen Vorlage einer datierten Quittung an den Verkäufer ausgehändigt. Innerhalb von drei Tagen nach dieser Übergabe ist der Käufer berechtigt, den Verkauf rückgängig zu machen. Wird, nachdem der Käufer dieses Recht ausgeübt hat, innerhalb von sechs Monaten ein neuer Kauf zwischen denselben Parteien über dieselbe Ware oder Teile davon abgeschlossen, so entsteht dieses Recht nicht erneut.

.

Unter einer "zu Wohnzwecken bestimmten Immobilie" ist nach der Entstehungsgeschichte des Parlaments ein Gebäude oder ein Teil davon zu verstehen, das Wohnzwecken dient, was im Folgenden nach der Entstehungsgeschichte einfach als "Wohnung" bezeichnet wird.

Für die Beantwortung der Frage, ob ein Verkauf einer solchen Immobilie vorliegt, ist entscheidend, ob sich der Verkäufer im Vertrag gegenüber dem Käufer verpflichtet hat, eine Wohnung zu liefern ("zu überlassen" in der Formulierung von Artikel 7:1 des Zivilgesetzbuches), oder ob der Käufer gegenüber dem Verkäufer einen Anspruch auf Lieferung einer Wohnung hat. Denn für die Qualifizierung als Kaufvertrag im Sinne von Artikel 7:2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind die von den Parteien vereinbarten Rechte und Pflichten entscheidend.

Ob zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags eine Wohnung vorhanden war - die tatsächliche Situation zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags - ist ein wichtiger Gesichtspunkt für die Beantwortung der Frage, was der Gegenstand des Verkaufs ist, aber nicht entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob dieser Vertrag als Kaufvertrag im Sinne von Artikel 7:2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu qualifizieren ist.

Hat sich der Verkäufer in dem Vertrag gegenüber dem Käufer - einer natürlichen Person, die nicht in Ausübung eines Berufes oder Gewerbes handelt - verpflichtet, eine Wohnung zu liefern, so gelten das Schriftformerfordernis des Artikels 7:2 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches und die Bedenkzeit des Artikels 7:2 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches.

Hat sich der Verkäufer dagegen gegenüber dem Käufer zur Lieferung eines Grundstücks (ohne Wohnung) verpflichtet, findet Artikel 7:2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs keine Anwendung. Dies gilt auch dann, wenn dieses Grundstück die öffentlich-rechtliche Bestimmung "Wohnen" hat, wenn das Grundstück als Baugrundstück verkauft wurde oder wenn der Verkäufer weiß, dass der Käufer beabsichtigt, auf dem Grundstück ein Haus zu bauen (oder bauen zu lassen).

Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen sind die Vorfragen wie folgt zu beantworten: Ein Kaufvertrag, in dem sich der Verkäufer gegenüber dem Käufer zur Lieferung eines Grundstücks mit der öffentlich-rechtlichen Bestimmung "Wohnen" verpflichtet, ist kein Kaufvertrag im Sinne von Artikel 7:2 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Schlussfolgerung

Beim Verkauf eines Grundstücks, das für Wohnzwecke bestimmt ist, gibt es also kein Schriftformerfordernis und keine Bedenkzeit. Der Schadensersatzanspruch des Verkäufers wird in diesem Fall zuerkannt, weil ein Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Käufer zustande gekommen ist und der Käufer seine Verpflichtungen vorwerfbar nicht erfüllt hat.

Möchten Sie mehr wissen oder haben Sie Fragen zu Ihrer Position als Käufer oder Verkäufer? Dann nehmen Sie bitte unverbindlich Kontakt mit einem unserer Anwälte auf. Wir helfen Ihnen gerne weiter und halten Sie über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden!

SPEE advocaten & mediation Maastricht