Der Oberste Gerichtshof hat kürzlich ein bemerkenswertes Urteil in einem Fall gefällt, in dem bei Bauarbeiten ein Schaden an einem Nachbargrundstück entstanden war. Dabei ging es um die Frage, inwieweit ein durch Bauarbeiten verursachter Sachschaden an Dritten eine unerlaubte Handlung des Bauunternehmers darstellen kann, wenn dieser sowohl bei der Vorbereitung als auch bei der Ausführung der Arbeiten mit Sorgfalt vorgegangen ist.
Was stand hier auf dem Spiel?
Der Eigentümer eines Grundstücks hatte eine Umweltgenehmigung für den Bau eines Geschäftsgebäudes mit Wohnungen und einem Keller erhalten. Dieser Eigentümer schloss mit Multi einen Bauvertrag über die Errichtung eines so genannten Tauchkellers. Während der Arbeiten brach ein Teil der Kellerwand, als er auf ein Hindernis im Boden stieß. Das Hindernis wurde von Multi teilweise entfernt und zur Stabilisierung wurden zwei so genannte Injektionsspritzen in den Boden eingebracht. Anschließend wurde der Senkungsprozess wieder aufgenommen. Daraufhin forderte der Anwalt des Eigentümers des Nachbargrundstücks Multi auf, die Arbeiten einzustellen, da an diesem Tag ein Schaufenster des Grundstücks zerbrochen war und sich dort schwere Risse gebildet hatten. Dieser Aufforderung kam Multi nicht nach und setzte die Arbeiten fort.
Der Eigentümer des angrenzenden Grundstücks leitete daraufhin ein Verfahren ein. Er beantragte die Feststellung, dass Multi rechtswidrig gehandelt hatte, und die Verurteilung von Multi zum Ersatz des erlittenen Schadens, der vom Gericht zu bewerten ist.
Urteil des Landsgerichts und des Bundesgerichtshofs
Die Klagen wurden vom Gericht abgewiesen. In der anschließenden Berufung bestätigte das Berufungsgericht das Urteil des Gerichts.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist ein Verhalten nicht schon allein deshalb rechtswidrig, weil ein Sachschaden auftritt und eine (vorhersehbare) Folge dieses Verhaltens ist. Erforderlich ist, dass das Verhalten, das zu der Sachbeschädigung geführt hat, als Verstoß gegen die Regeln des ungeschriebenen Rechts des gesellschaftlichen Verkehrs qualifiziert werden kann. Es obliegt daher den Klägern, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass Multi eine Sorgfaltspflicht verletzt hat, die er ihnen gegenüber hätte beachten müssen, und dass ihnen dadurch ein Schaden entstanden ist. Das Gericht kam schließlich zu dem Schluss, dass Multi bei der Ausführung seiner Arbeiten und auch bei deren Vorbereitung mit ausreichender Sorgfalt gehandelt hatte, so dass eine Haftung von Multi nach Art. 6:162 DCC (unerlaubte Handlung) nicht gegeben war.
Urteil des Obersten Gerichtshofs
In der Kassation wurde die Auffassung des Berufungsgerichts beanstandet, dass ein Verhalten nicht schon allein deshalb rechtswidrig ist, weil ein Sachschaden eintritt und eine (vorhersehbare) Folge dieses Verhaltens ist. Diese Auffassung des Berufungsgerichts zeige eine unrichtige Rechtsauffassung, denn im Allgemeinen sei zumindest in den Fällen, in denen durch Bauarbeiten (Sach-)Schäden in der Nachbarschaft entstehen, bereits die bloße Beschädigung fremden Eigentums fahrlässig und damit rechtswidrig, da sie das Recht auf ungestörte Nutzung des Eigentums verletze.
Diese Beschwerde scheiterte nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs. Die Gesetzgebungsgeschichte von Art. 6:162 DCC zeigt, dass eine Rechtsverletzung im Sinne von Art. 6:162 Abs. 2 DCC nicht schon aufgrund des bloßen Umstands vorliegt, dass ein Verhalten eine Verletzung oder einen Sachschaden als vorhersehbare Folge hat; im Allgemeinen ist ein solches Verhalten nur dann rechtswidrig, wenn es gegen eine Norm des geschriebenen oder ungeschriebenen Rechts verstößt, die darauf abzielt, Verletzungen oder Sachschäden zu verhindern.
Darüber hinaus wurde die Auffassung des Gerichts beanstandet, Multi habe bei der Vorbereitung und Durchführung der Bauarbeiten nicht gegen das verstoßen, was nach ungeschriebenem Recht im gesellschaftlichen Verkehr üblich ist. Das Berufungsgericht hätte missverstanden, dass Multi bei der Ausführung von Bauarbeiten Schäden am Eigentum Dritter zu verhindern habe. Diese (übergreifende) Sorgfaltspflicht hätte zur Folge, dass Multi für Schäden am Eigentum Dritter haftet, wenn während der Bauarbeiten von Multi trotz sorgfältiger Vorbereitung und Durchführung dieser Arbeiten Schäden entstehen.
Aus den Feststellungen des Gerichts in seinem Urteil ergibt sich, dass die Bauarbeiten von Multi ein erhebliches Risiko mit sich brachten, dass Schäden an den angrenzenden Grundstücken entstehen, auch wenn Maßnahmen zur Schadensvermeidung getroffen wurden und die Arbeiten mit Sorgfalt ausgeführt wurden. Wenn sich dieses Risiko später verwirklicht, kann nicht einfach akzeptiert werden, dass die Kläger den daraus resultierenden Schaden selbst tragen müssen.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Arbeiten im Interesse (des Auftraggebers) Multi durchgeführt wurden und den Klägern keinen Vorteil brachten, dass die Schädigung der Kläger nicht einfach zu dem gehört, was ein Dritter im gesellschaftlichen Verkehr hinnehmen muss, wenn jemand anderes Bauarbeiten durchführt, und dass es vielmehr Sache von Multi war, sich gegen die Haftung für die Schädigung Dritter abzusichern. Die Ausführung dieser Arbeiten durch Multi, die zu einer Beschädigung des Nachbargrundstücks führt, könnte daher eine unerlaubte Handlung darstellen, die zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet.
Das Urteil des Gerichts war daher aufzuheben.
Het arrest van het Hof werd dan ook vernietigd.
Schlussfolgerung
Es kann festgestellt werden, dass die Ausführung von Bauarbeiten gegenüber Dritten, die dadurch einen Sachschaden erleiden, grundsätzlich nicht rechtswidrig ist, wenn der Auftragnehmer bei der Vorbereitung und Ausführung der Arbeiten sorgfältig gehandelt hat. Im vorliegenden Fall lag jedoch etwas Besonderes vor, da hier ein erhebliches Risiko mit den Bauarbeiten verbunden war, das durch Maßnahmen nicht beseitigt werden konnte. Außerdem scheint der Schaden (starke Rissbildung und Absenkung des Nachbargrundstücks) weit über das hinauszugehen, was ein Dritter bei Bauarbeiten durch eine andere Person normalerweise hinnehmen muss.
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